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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 117 - No. 145 (1. Mai - 31. Mai)
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Samstag

2 131.

Mannheimer Abendzeitug.

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hat, die Zeile oder deren
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17. Mai



Deutschland.
> Vom Neckar, 15. Mai. Mit dürren Worten berichten

öffentliche Blätter aus Bern: ,,Der Regierungsrath hat den Pro-

feſſor Wilhelm S nell — atbberufen.'“ Wir wollen einen Augen-
blick bei dieser kurzen Nachricht verweilen; sie verdient, daß der
Deutſche sie beachte und ihre Bedeutung erfragez ſie sagt ganz trocken:
die Regierung von Bern opfert einen verdienten deutschen Lehrer vem
Fremdenhaß, um den Unwillen der Bevölkerung über ihr eigenes
Benehmen zu beschwichtigen. Ein ganz ähnliches Schicksal traf vor
neun Jahren den Bruder des Hrn. Wilhelm Snell, den Professor

Vr. Ludwig Snell. Beide Männer haben sich um die regenerirten

Kantone die größten Verdienste erworben und in mehr als einem
Kantone Bürgerrecht erlangt. Dies schützt sie nicht gegen die allge-
meine Regel, welche lautet: Sobald eine Kantonsregierung mit der
öffentlichen Meinung zerfallen iſt, so ladet sie die Schuld auf ein
paar Deutſche, entsetzt ſie ihrer Stellen oder jagt ſie ~ wenn ſie
kann ~ aus dem Lande; dann iſt Alles zufrieden und zwischen Re-
gierung und Volk die Eintracht wieder hergeſtellt. Hr. Ludwig Snell

wurde 1836, weil ,,die hochverrätheriſchen Verbindungen deſſelben

außer Zweifcl . gesetzt seien“, in Bern verhaftet, und nach 15 Tagen
„vegen Mangel an Verdacht‘/ entlaſſen; er forderte eine Erklärung
iiber diese schnöde Behandlung und man gab ihm keine Antwortz er
legte ſeine Profeſſorſtelle nieder und ~ man verwies ihn aus dem
Lande. Er lebte seitdem meiſt in Zürich und durfte auch später wie-
der nach Bern zurückkehren, wovon er jedoch selten Gebrauch machte.
Er iſt unvermählt, seine literariſche Thätigkeit verschafft ihm die
Mittel für seine geringen Bedürfnisse; auch bezieht er, als Entſchä-

bigung für frühere schwere Verluſte im deutſchen Vaterlande, einen
Jahrgehalt von Preußen seit der Thronbeſteigung des jetzigen Köe

nigs. Anders verhält es ſich mit Herrn Wilh elm Snell. Er hat

eine zahlreiche Familie und kein Vermögen; er ſchrieb und sprach

egen die Einführung der Jesuiten in Luzern. Die Jeſuitenfreunde
ſiegten, die Regierung von Bern, welche den Freiſchaarenzug zuge-
laſſen | hatte, ward kleinlaut; das Volk murrte; Luzern verlangte Ge-
hugthuungz die eingeborenen Theilnehmer am Freiſchaarenzug durfte
man nicht strafen; man wählt demnach den deutschen Profeſſor zum
Sündenbock, nimmt ihm ſeine Stelle und damit alle Mittel, ſich und
ſeine Familie zu erhalten. Zwar besitzt Hr. Wilhelm Snell wackere
Freunde in der Schweiz, edle Männer, die ihm ihre Bildung großen-
theils verdanken und ihm treu anhängen. Sie werden bei dem Un-
glücke ihres Lehrers nicht unthätig bleiben. Aber auch in Deutsch-
laud wird es Männer geben, die Hrn. Wilhelm Snell kennen und
varum auch hochachten; wir hoffen, daß Schritte geſchehen, welche
ihm die Mißhandlung von Seiten solcher Kantonspolitik durch Be-
weiſe werkthätiger Theilnahme zu erleichtern geeignet sein werden.

§+ Eberbach am Neckar, 8. Mai. Drei Monate ſind jetzt
verfloſſen, — drei Monate reich an Erfahrung sür uns ~ seit wir einen
neuen Bürgermeiſter erwählten und noch schweben wir in Ungewiß-
heit über das Resultat der Wahl. Weder eine Bestätigung des Ge-
wählten, wonach wir uns sehnen, noch eine Nichtbeſtätigung iſt bis
jetzt erfolgt, ja es waltet ein geheimnißvolles Dunkel in dieser für
uns ſo wichtigen Angelegenheit. Unterdeſſen haben die drei Monate,
während welcher Zeit der nicht wieder Erwähblte 'funktionirt, weder
angenehme Crinnerungen noch ſüße Früchte für uns gebracht. –
Erbitterung und Unwille haben manches friedliche Herz aufgeregt.

ſich leider durch den schwankenden Zustand noch immer, wenn nicht
bald die hohe Regierung durch einen entſcheidenden Ausspruch die
Lage der Sache ändert. Mag dieser Ausspruch bejahend oder vernei-
nend ſein, immerhin wird er unsere geſpannte Erwartung befriedigen.
Der neu gewählte Candidat, der zwar seiner abhängigen Stellung
wegen nicht gerade der Mann der liberalen Partei iſt, obgleich er
von derselben gewählt wurde, beſittt in manch anderer Beziehung in
Vorzüglichem Grade jene Eigenschaften, dic nöthig ſind, um unſerm
Geweindeweſen vorzuſtehen, der Abtretende hingegen, |
als Privatmann bei, Seite gesetzt) besigt. die nöthigen Fähigkeiten

— Dies einzusehen ts nicht schwer, werfe man nur einen Blick in

war. in der letzten Zeit Mangel eingetreten.

(deſſen Stellung

das Wahlsſcrutinium, so wird man finden, daß die intelligenteren Bür-
ger ihm ihre Stimme entzogen haben, und diese Zahl beträgt. 46,
die der Gegner aber nur 29. ! sci

. Man hätte es daher auch gerne gesehen, wenn der Nichtwieder-

erwählte am Tage der Wahl, sein Amt niedergelegt hätte, es wäre
dadurch manchen Unannehmlichkeiten vorgebeugt worden. Daß eine
Wiedererwählung desselben nicht denkbar iſt, darüb.r sind wir alle
“sts Fosrtht alſo den Saamen der Zwietracht unter den Frieden
werfen ? ~ , ;

Das Wahl-Collegium, d. h. der aufgeklärtere Theil deſſclben, kann
alſo zwar ohne Furcht einer neuen Wall entgegen sehen, das Reſul-
tat dürfte gewiß zur Zufriedenheit ausfallen, aber man wünscht keine.
zweite Wabl, sowohl im Jniereſse unserer Stadt, gls auch dem des
Friedens ihrer Bürgerschaft. Der engere Ausschuß der seither unrmü-
det Beschwerde erhob gegen den jetzigen Zuſtand, ist ganz kürzlich
wieder von. hoher Kreis-Regierung abgewiesen und in die Koſten ver-
urtheilt worden. Was unter dieſen Auſpicien nun geſchehen wird, ob

die Majorität deſſelben an eine höhere Instanz appelliren dder e
die Mehrheit der Bürger sich in einer Bittſchrift um Erledigung diieen.

ſer Angelegenheit an hohe Regierung wenden wird, das weiß man
noch nicht; vielleicht auch erſcheint noch zu rechter Zeit ein Deus ex

machina. Der noch functionirende Bürgermeiſter mag jedenfalls die
Versicherung hinsehmen, daß durch die Interims-Verwaltung die. Zu-
neigung zu ihm nicht zugenommen, und es sehr problematiſch iſt, ob die
Bürger dieſe seine Handlung dereinst dankbar. anerkennen werden.
Die Gegner deſſelben aber, die so vielfach mißkannt werden, mögen
ſich mit den Worten jenes tiefen Denkers tröſten, der sagt: Wenn
uns der Richter in uns nicht verdammt, so iſt es uns leicht das Ver-
dammungsurtheil von Andern anzuhören, aber die Lossſprethung séhlägt
[t? tits. wenn der. innere Inguiſitor die Atsolution nicht unter-
chreibt. j n Jae, . a:
]9 Berlin, 10. Mai. Rupp's Suſpendirung als Diviſtons-
prediger soll bereits ausgesprochen sein, ja der Befehl zu derselben
war auch bereits in Königsberg, wie man aus Briefen von dort ee
fährt, angekommen, die aus der Aufhebung der Bürgerverſammlungen
entſtandene Aufregung hat die Bekanutmachung deſſelben inteſſen bis
jeßt verhindert. Sonach wird man Rupp auch wohl die Beſtätigung
als Prediger der Burgkirche verweigern, und die Königsberger wer-
den dann, wie auch von einer Seite gefürchtet wird, nicht anſtehen,
ihren Entschluß des Austritts aus der bisherigen evangelischen Kirche
zu vollführen. ~ Wislicenus hat ſich geweigert, sich zu dem ihm
vorgeſchriebenen Wittenberger Colloquium zu ſtellen, und das Mini-
sterium hat dieses darauf auch fallen laſſen, und ihn nun vor das
Magdeburger Consiſtorium beschieden. Inzwischen wird an dem künf-
tigen Mittwoch und Donnerstag nach Pfingsten die große jährliche

Versammlung der, Lichtfreunde in Köthen abgehalten werden, und

hieraus wohl zu ersehen sein, auf welche Anhängerschaft im Volle
Wislicenus zu rechnen hat. Diese Bewegung iſt jezt zu ihrem. erſten
entscheidenden Kulminationspunkte gekommen. Wislicenus hat die
Consequenz derselben gezogen und es fragt ſich, ob seine Freunde

ſtark genug ſind, dieselbe durchzuführen. Bon den Predigern haben

sich die Meiſten von ihm bereits. zurückgezogen, weil er ihnen ,,zu

weit geht’, unter dem Volke aber kann er, so viel man bis jetzt er-
fährt, auf einen großen Anhang rechnen, und darauf kommt es doch
am Weſentlichſten an. Das Ministerium ſcheint deshalb auch ziem-
bitterung und Unwille ma: ; lich entschieden zu sein, daß er abgesetzt werden müsse.

Die Uneinigkeit, die bis j:6t theilweise schon ausgebrochen, vermehte.

Berliæ, 7. Mai. (S. M.) Wie es heißt, wäre unsere Po-

lizci von Paris aus auf die kommunisſtiſchen Umtriebe in Schlejien
aufmerksam gemacht worden; die dabei thät'gen Personen sollen näw-

lich mit Paris in Correſpondenz gestanden haben (?!). –+ Aus der
Provinz Schlesien meldet man, daß der Linnenhandel einigen Auf-
ſchwung gewonnen hat; auch bei der Baumwollenweberei ſind gegen-
wärtig dort alle Hände vollauf beschäftigt und an rohem Mgcterial
Was den dortigen

: Wollhandel betrifft, ſo wurden bereits für die nächſte Schur Zeitkäufe
mit einer Erhöhung von 3 + 13 Rthylrn. über die vorjährigeu Preise
als Bürgermeiſter nicht in dem Grade wie die Wähler es verlangen. H9r"s:

~ 9. Mai. Gegen E. Bauer iſt bisher auf freiem Fuße in-

quirt worden, auch nach Fällung des Urtheils in erhrer Inſtanz, vas


 
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