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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 58 - No. 86 (1. März - 31. März)
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M 84.



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Samſtag

29. März

1845.









Deutſchlard.

* Für Sachsen zunächſt gibt der zur Prüfung vonOÖOeffentlichkeit,
Mündlichkeit und Geschwornen im Rechtswesen im vorigen Jahre vom
Volke ausgesandte Deputirte Braun in Plauen, in den Sächſ.
Vaterlandsbl. folgende Betrachtungen rüber freiwillig e H an-
delsſchied sg erichte": .

„Wenn irgendwo im bürgerlichen Proceſſe, so iſt besonders in
Streitigkeit über Handelssa < en eine ſchnelle und prompte Ju-
ſtizpflege erforderlich. Die ganzen Vcrkehrsverhältniſſe des Handels-
standes sind auf eine möglichſt rasche Abmachung der Geschäfte und
der dabei sich ergebenden Differenzen berechnet, es ſteht damit Bücher-
und Caſſenführung in engem Zusammenhange. Eine mehrjährige
Hinſchleppung solcher Sachen iſt den ganzen Verkehrsverhältnissen der
der Handelswelt entgegen und mit großen Unzuträglichkciten und so-
gar Nachtheilen verknüpft. Ferner wenn irgend in den einzelnen
Zweigen des bürgerlichen Verkehrs, so iſt vorzüglich in Streitigkeiten
über Handelsgegenſtände ein Verlaſſen des römischen Rechts und die
Einführung eines den jetzigen Sitten, Ansichten und Bedürfnissen der
Handeltreibenden angemcssenen Gesetzbuchs erforderlich. Unsere In-
duſtrie, unser Handelsverkehr hat eine Menge Bezüge, eine Menze
Fragen geboren, welche Rom gar nicht kannte, und welche daher die
ſcharfsinnigſten seiner Geſctzgeber zum Gegenstande ihrer Beſtimmun-
gen weder machen konnten, noch machten. Wie sich in dem oder
jenem Falle, bei dieser oder jener Frage ein Induſtrieller, ein Han-
dels- oder Kaufmann zu benehmen gehabt habe, um ſich gegen Nach-
theil zu schützen, und was hierin Rechtens sei, das kann in vielen,
in sehr vielen Fällen unmöglich aus dem corpus juris herausin-
terpretirt werden. Der Maßſtab iſt zu kurz. Gleichwohl ſind,
kommen solche Streitigkeiten vor Gericht, überall da, wo kein be-
sonderes Handelsgesetbuch oder mindeſtens Handelsgerichte beſtehen,
welche mit den Handelsgebräuchen bekannt, dieselben zum Anhalten
für ihre Urtheile unter Beobachtung eines abgekürzien (sſummariſchen)
Verfahrens in Anwendung bringen, die Beſtimmungen des römischen
Rechts meist die alleinigen Normen, nach welchen der Streitfall ent-
ſchieden wird. Wie wenig sodann solche Urtheile dem wirklichen
Sach- und dem eigentlichen Rechtsverhältniſſe angemessen ausfallen
und ausfallen müſſen, lehrt die Erfahrung nicht selten. Die Ueber-
zeugung von der Nothwendigkeit einer raſchen, einer nationellen, dem
jetzigen Stande der Verhältnisse in der induſtriellen und Handels-
wiaelt angemeſſenen Rechtspflege schuf in andern Staaten Handelsge-

ſezbücher und Handelsgerichte. Das Klare, Beſlimmte und Cinfache
des sranzöſiſchen Handelsgesetzbuchs gestattet, daß, im Gegensatze zu
der Einrichtung des Leipziger Haudelsgerichts, wo die hinzugezogenen
Kaufleute mehr als Sachverſtändige und Erklärer der kaufmännischen
Usancen, denn als wirkliche Richter thätig sind, nach der französi-

schen Einrichtung die Kaufleute das Entscheidungsamt überkommen
und der dabei angeſtellte Gerichtsſchreiber vorkommenden Falls mit
seinem Gutachien gehört wird-.

„In Sachsen besitzen wir kein Handelsgeseßbuch und außer dem
in Leipzig beſtehenden, durch die. dortigen Berhältniſſe bedingten, Vor-
zügliches leiſtenden Handelsgerichte kein Gericht dieser Art. Die
ganzen in dem übrigen Lande unter dem induftriellen und handel-
treibenden Publicum auftauchenden und rechtsanhängig werdenden
Streitfragen werden, mit wenigen Ausnahmen (z. B. bei einfachen
Wechſelfällen]), lediglich oder doch meiſt nach dem römischen Juriſten-
rechte entschieden und bis dahin in der ein- oder mehrjährigen Schwebe
. gehalten, zu der auch die übrigen bürgerlichen Rechtsſtreitigkeiten, bis

es zur Endeniſcheidung koumt, verurtheilt ſind."
nDieſer auch in andern Ländern fühlbare große Utbelſtand rief,
da die Gesetzgebung säumte, ihn zu beseitigen, in Würtemberg die
Einrichtung der Privatsgerichte mit mündlich-ö ffentl ich em Ver-
fahren unter dem Handelsstande hervor, welche, wie ich in Stuttgart
aus dem Munde mehrerer dortigen Bekannten erfuhr, treffliche Dienfte
leiſten, und deren Statuten ich in meinen unter der Presse bereits
befindlichen Reisebericht bei Besprechung dieses Gegenstandes aufge-

_ nommen habe. Auch in Berlin haben, wie vor Kurzem. die Berl.
ä Vo. Zig. schreibt, tie Aelteſten der Kaufmannschaft die Mitglieder
[ ihrer Corporation in einem Umlaufſchreiben zur Bildung von freie.

| 1 willigen Handelsgerichten aufgefordert.

„Obwohl in Sachsen von den Ständen am Landtage 1833 + 34
Anträge auf Einführung von Handelsgerichten im Lande an die
Staatsregierung erfolgten, so sind doch bis jetzt diese Anträge zur
Ausführung nicht gekommen. Deshalb und weil eben so wenig für
die nächſte Zeit eine Aenderung in diesem Stillſtand zu erwarten sein
möchte, tritt auch für uns tie Einrichtung des württembergiſchen frei-
willigen Schiedsgerichts als ein Gegenſtand von Bedeutung und .
Wichtigkeit hervor. Wie jetzt die Sachen stehen, zumal bei dem
Mangel einer zweck- und zeitgemäßen Fallitenordnung, so kann man
die insonderheit aus dem Munde der Handeltreibenden oft laut wer-
dende Aeußerung, lieber die wohlbegründeteſten Ansprüche ganz oder
größtentheils fallen zu laſſen, als sie dem langſamen Gange der Ju-
ſtiz zur ungewissen Entscheidung zu überlassen, den so Sprechenden
billiger Weise keineswegs verdenken-.. j

Berlin, 22. März. (Frankf. J.) Vor einigen Tagen wure

den hier der Debit des dritten Heftes der „Materialien zur Regie-
rungogeschichte Friedrichs Wilhelms ITk." verboten. Da dasselbe
nur eine einfache, raisonnementloſe Zusammenstellung der inter-
eſſanteſten Zeitungsnachrichten enthält, so iſt man hier allgemein er-
staunt über diese Maßregel, um so mehr, als das Werk in Königs-
berg, also unter preußischer Censur erschienen iſt. Jedenfalls würde
alſo der Verleger Anspruch auf Schadenerſsaty haben, und wie ver-
lautet hat er bereits beim Cenſurcollegium Beſchwerde erhoben.
Auch die in der Schweiz erschienenen „Aktenſstücke über den Prozeß
Edgar Bauer's" haben Veranlaſſung zu einer Untersuchung gege-
ben, und zwar soll der Aktuarius, der dem Verurtheilten das Er-
kenntniß so lange in den Händen ließ, daß er es vollſtändig an Ort
und Stelle abſchreiben konnte, seines Amtes entlassen sein. In dem
Prozeß gegen Edgar Bauer wegen des hier eingeſtampften „Streit
der Kritik mit Staat und Kirche- iſt das Erkenntniß zweiter Inſtanz
noéth nicht gefällt. Bekanntlich iſt der Verfaſſer in erſter Jnftanz zu
Zjähriger Feſtungsſtrafe verurtheilt worden. Unter dem Titel:
„das Judenthum und der Jude im c<hriſtlichen Staat-- hat der P.
Stern jetzt eine seiner Vorlesungen erscheinen laſſen, die er hier
von einem großen und gewählten Publikum gehalten. Der Berfaſſer
geht davon aus, daß der Staat dem Judenthum Anerkennung und
bürgerliche Gleichſtelung mit den chriſtlitzten Confesſionen gewähre;
er weiſt dabei nach, daß dieß nicht allein mit dem chriſtlichen Prin-
zipe des Staates harmoniren könne, sondern daß der Staat auch
die Emancipation ohne Widerspruch in ſich selbſt nicht verweigern
dürfe, „der Staat" sagt Stern, muß das Judenthum entweder garz
aus seinem Gebiete zurückweiſen, oder demselben gleiches Recht mit
den beiden chriſtlichen Confeſſionen zuerkennen. Er muß es entweder
als ein organiſches Element iu seinem eigenen Organismus ancrken-
nen, oder es für ein fremdes und feindliches Element erklären, von
dem es ſich zu befreien habe. Denn ein organiſches Gebilde, wie es
der Staat iſt, kann und darf nur Gleichartiges in sich aufnehmen.“
Dafür verlangt aber der Verfaſſer auch von dem Judenthum, daß
es als organiſcher Theil vom Staate sich dann mit diesem fortent-
wickele.

WVerlin, 20. März. (S. M.) Unsere Zeitungen enthalten
eine von Civil- und Militärpersonen proteſtantiſchen Glaubens aus-
gehende Aufforderung zu Geldbeiträgen für die deutsch-katholiſchen Ge-
meinden. Unter den Unterzeichnern bemerkt man die Professoren Gah-
ler, Heinftus und Michelet, zwei Oberſten, einen Geheimen Kriegs-
rath, den Oberlandesgerichtspräſidenten Alslcben, den Bürgermeiſter
Naunyn, Buchhändler Reimarus, Director Schadow, mehrere Stadt-
räthe 1c. Anderseits soll in den nächſten Tagen eine öffentliche Ver-
wahrung mehrerer Alt-Katholiken gegen die Theilnahme für die neuen
Gemeinden erscheinen.

~ Der geheime Obercegierungsrath Mathis, welcher im Mi-
niſterium des Innern der Polizeiverwaltung vorſteht und schon früher

zur Untersuchung demagogischer Umtriebe nach Frankfurt a. M. ge-
—ſendet wurde, hat sich höherm Befehle zufolge vor einigen Tagen
nach Breslau begeben. Man glaubt, daß deſſen Reiſe mit der Ver-
haftung des Fabrikanten Schlöffel und des Gymnasial Lehrers Wan-

der in Verbindung stehe. (Dùüſsſeld. Z.)
Breslau, 20. März. (Köln. Ztg.) Die Verstärkung der
Wachen, die nächiliche Patrouillen, überhaupt die von den Behörden


 
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