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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 146 - No. 175 (1. Juni - 30. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0645

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I . tion Auskunft zu ertheilen
IS hat, die Zeile oder deren
Raum 4 kr. –~ Briefs
und Get erbittet man
ranceoo. .



Sonntag

V. Juni

1845





Deutſchland.

* Manunheim, 7. Juni. Der gestern erwähnte Correſpondent
aus Dresden bemerkt auch; die „Leipz. Ztg" sage die Hrn. v. Ih-
ſtein und Hecker „hätten sich nicht ausweisen" können. Wir haben
wiederholt erinnert, wie die Päſſe der beiden wackern Männer voll-
kommen formgerecht und ſelbſt vom preußiſchen Gesandten in Karls-
ruhe, dem weder sein Creditiv abgenommen noch das Crxequatur ent-
zogen iſt, viſirt waren.

Die Redaction der Sächſ. Vaterlbl. fügt auch sofort jener Corresſpon-
venz erläuternd bei, wie der im vorliegenden Falle wahrlich „.kl.inliche
Umstand einer Reiselegitimation’ ſich in beſter Ordnung befand und
der preußiſche Polizeirath, der von Itz ſtein und H ecker die Aus-
weiſung ankündigte, auch Nichts darüber verlauten ließ, ſondern auf
Befragen nach dem Grundejener außerordentlichen Maßregel ſ:1bſt erklärte,
hk er h nicht kenne und nur das Werkzeug zur Vollſtreckung höherer

efehle ſci. j

Anderes, was die Vaterlandsblätter in jenem Artikel geben,
haben wir zu übergehen, und wieterholen nur mit ihnen: „Vergebens
haben wir bis jetzt aus den preußischen Blättern Aufschluß über das
Ereigniß erwartet, das nicht blos die Ausgewiesenen und ihr Hei-
matland Baden berührt, sondern jeden Deutschen, jeden Bundesſtaat.
. . . . Das Schweigen der preußiſchen Blätter iſt ~ räthſclhaft,
peinlich, und wir müſſen von ihnen Antwort... verlangen.r

Karlsruhe, 3. Juni. (Oberrh. Z.) Ene, mit einer großen
Anzahl von Unterschriften hiesiger Einwohner versehene Adresse, iſt
geſtern an die beiden, aus Preußen verwiesenen uv. Itſtein und Hecker
nach Mannheim abzegangen, um den so tief gekränkten beiden Chren-
männern ihre Hochachtung und Gefühle an den Tag zu legen. – –

J Die Aachen. Ztg. ſchreibt aus Berliu vom 26. Mat : „„Die
Ausweisung der beiden badischen Deputirten erregt hier immer noch

ein trübes Staunen. Man fragt ſich rathlos was einen solchen Schritt

veranlaſſen konnte, und greift nach der Preuß. Allg. Z. in der Hoff-
nung in deren amtlichem Theile irgendeine Erklärung zu finden. Und
és iſtnicht tie Jugendallein, es sind die beſtgesinnten, patriotischſten Män-
ner, welche eine solche Darlegung wünſchen, weil es ihnen zumeiſt Ernst
iſt um die Einh.it des Vaterlandes, um die Sympathie Deutschlands.
(Dem Nürnberger Correſpondenten wird geschrieben, von einem höhern
Beamten ſci der Regierung die Anzeige eingelaufen, daß die HH. v.
Iyſtein und Hecker ſich auf dcr E s.nbahn beunruhigend" (!) über
preußiſche Zuſtände ausgesprochen hätten und diese Denunciation, ver-
bunden mit der angeblichen Absicht jener Herren, sich nach dem poli-
Hs rertzten ß dnizsvers zu begeben, soll die Schritte gezen ſie ver-
anlaßt haven !! -

Köln, 2. Juni. (Tr. Z.) Eines der erfreulichſten Zeichen
der Zeit iſt der lebhafte Antheil, den die arbeitenden Classen
in verſchietenen Ländern an den geiſtigen Bewegungen nehmen und
es wird gerade dieser Antheil von unberechenbaren Folzen in Bezug
auf die Löſunz der schwebenden Fragen über ihre eigeue unglückliche
Lage und die Mittel diese zu verbessern sein. Die Z.iten sind vor-
über, wo das Volk nichts einzusezen hatte als die rohe Gewalt,
und wo es- eben deßzalb unbewußt über seinen eigenen Zuſtand brieb.
Greift die geiſtige Entwicklung unter den Arbeitern noch mehr um
ſich, so iſt auch kein Zweifel mehr, daß seine Arbeit nicht, wie größ-
tentheils noch bis heute geschieht, lediglich nach der darauf zu ver-
wendenden phyſſſchen Kraft abgemeſſen und belohnt werde. Nichts
wirkt daher so sehr mit, um die arbeitenden Claſſen von dem Drucke
der schwer auf ihnen laſtet, zu bcfreien, als gerade die Ausbildung
ihrer geiſtigen Fähigkeiten. ~ Schon ſeit längerer Zrit erscheinen
in Paris tlene Journale, welche von Arbeitern und für Arbeiter ge-
ſchriceben weiden. Sie geben ein sprechendes Zeugniß von der geiſti-
. den Entwicklung der Arbeiter ſelbſt und von den großen Wirkungen,
die dadurch hervorgebracht werden. Eine bewunderungswürdige Klar-

ztit, ein unveräuß.rter Sinn für das Richtige und Practisſche findet
ſich in den meiſten da:in enthaltenen Aufsätzen. Auch die dcutſchen
Arbeiter haben in die cx Richtung sich zu bewegen begonnen.

];. Verlin, 1. Juni. (D. A. Z.) Die Stadlverordneten haben
un einer iyrer legten Sitzungen bcſchloſſen, den Antrag wegen Auf-

Ziel vor Augen haben,

hebung der Schlacht- und Mahlſsſteuer nicht zu befürworten,
nachdem eine mit der Prüfung dieses Antrags beauftragte Commiſ-
fion mit 5 gegen 3 Stimmen ſich gleichfalls gegen die Aufhebung
erklärt hatte. Man sah (im Gegensatze zu den Stuttgarter Gemeinde-
Vorsſtänden) nicht ein, wie man heutzutage füglich eine directe Steuer
an die Stelle der bestehenden indirecten setzen könne. Dagegen wol-
len die Stadtverordneten unmittelbar bei dem Könige mit der Bitte
einkommen, ihnen die Deffentlichkeit ihrer Sitzungen zu gestatten.
Nach Ansicht der Cabineteordre vom 19. April v. J. ſcheint es
nicht, als ob diesem Gesuche gewillfahrt würde, zumal mehreren Pro-
vinzialſtänden in den Landtagsabſchieden von 1843 die gleiche Bitte
versagt worden iſt.

Düſſeldorf, 31. Mai. Die „Aachener Zeitung" enthält fol-
genden Artikel: „Die wiederholten Conflicte zwischen Militär und
Civil gehören gewiß [zu den bedauerlichſten Erscheinungen unſerer
Zeit; ihnen abzuhelfen, wäre in j:der Beziehung ein höchſt verdienſt-
liches Werk. Unserm Militär kann gewiß mit vollem Rechte Intel-
ligenz und Achtbarkeit nachgerühmt werden, und woher kommt es,
daß dennoch Cinzelne so häufig in bedauerliche Conflicte gerathen?
Woher kommt es, daß man in andern Ländern so selten davon hört,
faſt nie bei den Franzosen, denen man doch nachſagt. daß ſie in Eh-
renpunkten so überaus kitlich sind, faſt nie bei den Oeſterreichern?

Iſt unsere Gesetzgebung Schuld, iſt Schuld daran, daß der Mllitär !

bei uns immer in Waffen geht und daher auch außer dem Dienſt
ſich gewissermaßen von dem Bürgerlichen abſcheidet, während in je-
nen Ländern der Militär außer dem Dienste in der bürgerlichen Ge-
ſellichaft verſchwinden? Wenn Letteres der Fall, so müßte nichts sehn-

licher gewünscht werden, als daß das fortwährende Tragen der Unt-

form aufhöre, Vorſchrift zu sein. Daß kein Nachtheil daraus er-
wächſt, daß der militärische Geiſt dadurch nicht beein!rächtigt werde,
beweiſ’t gerade die öſterreichiſche, franzöſiſche und englische Armee.
Ist es die Geseggebung, so iſt bier eine Lücke, welche ausgefüllt
we:den muß. Die Gesetzgebung wäre in dieſem Falle hinter der Zeit
zurück. Unsere Zeit verlangt, daß Bürger und Mllitär zuſammen
gehen, daß ſich keine Scheidewand zwischen ihnen erhebe. Beide
müßten dieselben Intercſſ.n haben, nicht die Cinen verschiedene, viel-
leicht entgegengesetzte, wie die andern. Beide sollen ein und dasſelbe
die vernunstgemäße Entwickelung des
Staates: das Mllitär, weil es zugleich organisches Glied des Staa-
tes, der Bürger, weil er zugleich im Falle der Noth Mllitär iſt.
Nur so lange die Noth nicht eingetreten, hat man dem Mllitär allein
den Dienst überlaſſen, aus welchem Dienste eine Pflicht und eine
Ehre zugleich geworden iſt. Sie sollen daher Bride gleiche Gcfin-
nungen haben, im Frieden wie im Kriege, denn sie ſind Eins, am
Allermeiſten aber in dem Lande der allgemeinen Wehrpflicht. Der
Militär hat keine besondere Aufgabe für sich; seine Wirkjamkeit tritt
erſt ein, wo die Unvernunſt, die Gewalt das Recht der Vernunft
beseitigen will, im Krieg oder gewalisamen Angriff auf das Gesetz.
Wie aber in diesem Falle der Bürger ebenfalls Soldat wird, so hat
der Soldat, so lange das Geseß in Kraft, mit dem Bürger zu gehen.
Wenn daher z. B. in unsern conſtitutionellen Staaten die Praxis zu
Recht beſteht, daß die Armee nicht auf die Verfaſſung schwören soll,
ſo halten wir dies für ein Unglück, denn es trägt eben dazu bei,
die Armee als etwas Besonderes im Staate hinzuſtellen, getrennt von
dem allgemeinen Rechte und Gesetze, geſchidden von den bürgerlichen
Beſtrebungen, wäyrend der Offici.x uns nichts Anderes sein sollte,
als eine andere Art von Beamten mit denselben Rechten und Pflich-
ten gegen Staat und Verfaſſung, wie der politiſche Beamte auch.
Eine solche Scheidung mochte in früßern Z'iten ihre gute Erklärung
finden, ſte iſt aber außer der Zeit in der Gegenwart, welche die ganze
und alleinige Kcaft des Staates in der Urbereinſtimmung der ganzen
Nation sieht. Iſt dieſe Uebereinſtimmung aber nötyig, und wie man
auch im Kleinen hier oder dort dagegen anzuſtreben verſuchen mag,
im Ganzen muß man Ditß doch anerkennen, so muß auch Alles gesche-
hen, jede Scheidewand zwiſchen den Thrilen der Nation, so weit
gleiche Bildung dies gestatten, aufzuyeben und ein gl-iches Geſetz
über Alle zu ſtellen, welchem Alle sich zu unterwerfen haben und wel-
ches für Alle eine gleiche Richtschnur abgibt. Wo dies nicht der


 
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