Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mannheimer Abendzeitung — 1845

DOI chapter:
No. 299 - No. 328 (1. November - 30. November)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44007#1299

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext


Ab ounement mitvter-
zalſlähr. Bo rausbezahlung
in Mannheim 1 fl. 15 kr.,
vurch die Poſt bezogen im:
ganzen Eroſterjztéum
.
aufſschlaz.



<.

fs; aluus s
V Aq U « §
. . 471 I
an
§ s



T0. November

i J. ekatt vie zefyairns
F Zeile im Vetits rs vit
derer Raum 3 kr. Zrés-
gs! rate, worüber die Redas
] 1 . tion Auskunft zuartheitrre
) > hat, dle Zeile odsr derss
Naum 4 kr. ~ Yristr
uns» Geld erbittet man
‘fane.

I84G..





n §



Montag

Deutschland.

* Mannheim, 8. Nov. (Eingeſ.) Die Besorgnisſse, welche ausge-
sprochen wurden, daß im Laufe des Winters Mangel an Brodfrüchten
und Kartoffeln entſtehen könnte, hat die ganze Aufmerksamkeit aller
Behörden in Anspruch genommen und die gründlichften Nachforſchun-
gen veranlaßt. Als Frucht derselben hat nun der hiefige Gemeinde-
rath, im Einverftändniß mit der Handelskammer, wie wir aus fiche-
rer Quelle vernehmen, in diesen Tagen emen höchft beruhigenden Be-
richt erſtattet und darin ausgeführt : : GV .

daß es nicht rathſam sei, bei den jetzigen hohen Preisen Früchte
anzukaufen, indem dadurch der Zweck, den Armen Brod zu ver-
ſchaffen, nicht erreicht werden könne;

daß die Theurung nicht durch Mangel, sondern aus Furcht vor
demſelben durch Speculation und Wucher entſtanden sei, und daß
ſehr viele Producenten noch ihre ganze Ernte besſäſſen, wie ſich die-
ſes bald herausflellen müßte, wenn, wie im Jahre 1817, alle Bor-
räthe genau aufgenommen würden ,

daß die Aufkäufe für das Elſaß und die Schweiz aufhörev, weil
in erfterem die Preiſe ni:derer als hier ftehen, und letztere hinläng-
lich verſehen itz.
daß rt Berſendungen dahier den inländischen Vorrath nicht ge-
mindert haben, indem die Aufkäufe jenseits des Rheins geſchehenz

daß tie Kartofseln durchſchnittlich cine sehr reiche Ernte geliefert
haben, und daß die Aengflichkeit wegen des Faulens derselben,
welche alle Jahre mehr oder minder stattfindet, viel zu weit gehe;
daß die Fruchtpreiſe an vielen Orten bereits weit niederer als hier

fehen und aus BVraunſchweig Anerbirtungen vorliegen, wonach das

Malter Mehl 130 Pfd. in der Parthie frei hierher geliefert nicht
mehr als 12 fl. 10 Kr. koftet; daß auch der l:tzte Fruchtmarkt in

Kaiserslautern sehr ſtark überführt war und ungeachtet der zurück-

gegangenen Preise noch etwa ein Fünftheil eingestellt rourde.

daß endlich aus Amerika große Quantitäten Mehl unterwegs

seien und demnächſt in den ohrehin schon überführten niederländi-
ſchen Häfen eintreffen rwerden.

Geſtützt auf alle diese Thatsachen wird mit Umgehung jedes An-
trags auf ein gar nicht nöthiges Ausfuhrverbot nur eine Einfuhr-
Prämie für amerikanisches Mehl durch theilweise Rückvergütung
der Eivgangszölle in Vorschlag gebracht.

* Mannheim, 8. Nov. Hier beabsichtigten in der jüngsten
Jeit mehrere Bürger die Gründung eines Turnvereins, ſtießen in-
deß vorläufiz auf Schwierigkeiten, die aber hoffentlich in Folge der
deßfalls getbanen Schritte bald beseitigt sein werden.

In derselben wichtigen Sache sehen wir dagegen in Karlsruhe,
und namentlich beim großh. Militär dort und an andern Orten des
Landes eine selbſt von Oben geförderte große Thätigkeit; überall im
deutſchen Vaterlande wendet man ſich freudig diesen sonst verpönten,
für Körper und Geiſt, für das Individuum, die Familie und den
Staat heilſamen Uebungen zu. So ſchreibt man aus:

. Oldenburg, 1. Nov. Auch hier hat der Gedanke, Turnver-
eine Erwachsener zu bilden , Nachahmung gefunden, und ich glaube,
daß derselbe eben hier nachhaltig wirken wird. Gerade für solche
Gedatken, dic gleich greifbar Fleiſch und Blut haben und die un.
mittelbar ihren Werth oder Unwerth jedem in die Hand geben, iſt
hier viel Sinn und gesunder nachhaltiger Eifer, wie sich das an den
Vereinen gegen den Branntwein, die ſich nirgends ſo rein verſtän-
dig und human gehalten haben, als in hiesiger Gegend, schon be-
währt hat. Bis jetzt beſteht unser Turnverein aus 68 Mitgliedern,
meiſt noch ziemlich jungen Männern, übrigens sehr verschiedenen
Standes. Jedermann unbeſcholtenen Rufes ift willkommen. Wöchent-
lich dreimal wird man sich versammeln, -- während des Sommers
auf dem geräumigen öffentlichen Turnplatze der Schulen, während
des Winters in den Turnſchupyen derselben. Wer von den drei
enden mehr als einen versäumt, zahlt Strafe. Acht freiwillige
ndige Vorturner leiten abwechselnd die acht Riegen d es Vereins,
YLieutenants, Gymnasiallehrer , Advokaten und schlichte Bürger
"unter Miſchung. Anderswo ſtreitet man ſich um Humanismus
un: und sucht die legten Gründe beider tis in die Tie-





/



gmatiſcher “Spekilatist.. du verfolgen : wir aber laſſen lieber

das Spekuliren und faſſen ohne alle seltſamen und tiefen Gründe
das humane Leben, wo wir es packen können, eben weil wir Luft
und Freude daran haben. Wir suchen einen gesunden Leib uns an-
zuschaffen und denken, daß damit für die Geſundheit der Seele ge-
sorgt wird. Mit diesem oberſten Zwecke des Turnens verbindet ſich
uns von selbſt der weitere einer männlichen Wehrhaftigkeit, und wir
nehmen deßhalb die Waffenübung und militärische Ausbildung ganz
direct mit in unsern Zweck auf. Wenn noch irgendwo in unserm
deutschen Volke, dann iſt es gerade bei seinen nordweſtlichen Stäm-
men noch unmittelbar im Gefühle lebendig, daß es jedes freien Man-
nes und nicht allein des Soldaten Pflicht iſt, des Vaterlandes Un-
abhängigkeit und das eigene wie des Staatsgenoſsen gutes Recht zu
wahren.

Ans dem Badiſchen, 29. Okt. (Oberrh. Ztg.) Wohl
nennt man tie Geschichte eine Lehrerin des Lebens und eine Verkän-
derin der Wahrheit; aber Niemand hört auf ihre Stimme, und wenn
im Laufe der Jahrhunderte ähnliche Ereigniſfe sch auch immer wi--
derholen, so werden doch stets die gleichen Mißgriffe begangen. Es i
rine unwiderlegbare Thatsache, daß jede neuentftandene Religionsgenoſsen-
ſchaft durch Bedrängniſſe und Verfolgungen nur an innerer Stärke He-
wann und so sich immer mehr in ihrer Ueberzeugungstreue und in
ihrer Glaubensftandhaftiakeit bekräftigte. Die Römer in all ihrer
Macht vermochten das Chriſtenthum nicht zu unterdrücken, obglei:h
ſie es an Strenge und selbſt Grausamkeit gegen die Bekenner deſſ.1-
ben nicht fehlen ließen. P hilipp I. und Ludwig AIV gelang
es wohl das eigene Land zu verheeren und ſich ihrer beſten und ß!-
werkthätigften Unterthanen zu berauben oder den proteſtantiſchen Glau-
ben zu unterdrücken, dazu reichte all’ ihre ganze Herrſchermacht nicht
hin. Ein herrlicher Ausspruch der echten Weisheit eines Staats-
mannes find daher jene Worte OG öthe’'s im Egwont: Ein Wort
für Tausend! Ihr unterdrückt die neue Lehre nicht. Laßt ſte gelten;
sondert sie von den Rechtgläubigen; gebt ihnen Kirchen, faßt ste (
bürgerliche Ordnung; schränkt ste ein, und so habt ihr di. Aufrührer
auf einmal zur Ruhe gebracht! Jede andern Mittel ſind vergeblich
und ihr verhrert das Land. Möchre doch ein guter Geiſt Philippen
eingeben, daß es reinem Könige anständiger is, Bürger zweierlei
Glaubens zu regieren, als sie durcheinander aufzureiben.#n ~

Aus Baden. (Speyerer Ztg.) Oeffentliche Blätter haben
bereits gemeldet, daß auf Beranlaſsen der heſſiſchen Regierung ein
Prozeß gegen den Abgeordneten Hofrath W elcker ervoben worden sei
wegen der von ihm und Dr. W. Schulz in Zürich veranstalteten
Herausgabe der Schrift: „.Cabinetsjuftiz, heimliches Gericht und
Censur im verdeiblichen Bunde., Jn Beziehung auf den Thatbeſtand
iſt zu brrichten, daß die Aechthrit der abgedruckten Llctenftücke und die
Richtigkeit der angegebenen Tbatſachen zwar nicht beſtritten, dagegen
aber die Urtheile über den Unterſuchungsrichter Georgi, den Gefäng-
nißwärter Preuninger u. s. f. als ſelbſt die Regierung beleidigend an-
gesehen werden.

*.* Aus dem badiſchen Oberrheinkreis, 28. Okt. Schon
oft haven sich die Wortführer der weiland Mannheimer Rabbinen-
verſammlung und ihre Agenten in öffentlichen Blättern gebrüſtet, als
ſei es auch ibnen ernſt um eine zeitgemäße Reform der religiöſen und
ſynagogalen Zuftände der Israeliten unseres Baterlandes ; und doch
scheint leider, allen Anzeichen nach, die entgegenfthende Meinung, so
ungern wir uns derselben auch pingeben möchten, immer mehr an Kor-
ſiſtenz zu gewinnen, daß di- ganze gedachte Bersſammlung nicht vic
mehr als ein auf Täuſchung verechretis Spiel von Parteigängern,
der sogen. Sicbenundſiebenziger, gewesen, wobei man die wenigen Nab-
binen, welche in gutem Glauben, den vielversprechenden Einladurgs-
schreiben vertrauend, ſich in reiner Abficht und wahrhaft für das Beſ-
sere beseelt, dabei bethtiligten, lediglich die wenig ehrenhafte Rolle der
Marionetten spielen ließ, nur um anderwärtige aufrichtige Beſtrebun-
gen zu paralyſiren. Wäre es nicht an dermt warum denn beharrét
die ihrer Zeit ſo hochtrebend angékündigte, so pompöse Hoffnungen
verbreitende permanente Kommiſſion dieser Versammlung ſeicdem in fo
gänzlicher Unthätigkeit, mit alleiniger Ausnaym: etwa einz.lner in
öffentlichen Organen von Zeit zu Zeit ertönender abgebrochener Po-
ſaunenſtöße irgend eines irrenden Trompeters dieſes Lagers, d-ſſen
 
Annotationen