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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 117 - No. 145 (1. Mai - 31. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0567

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M .



A 134.

telſähr. Vorausbezahlunn J,
in Mannheim 1 fl. 15 kr, L &
durch die Poft bezogen im s
gangen Großherzogthum „zy S;
Yad en 2 fl. 8 kt.. i ' .

Ausland erhöht ſich das
Abonnement um den Poſt-

aufschlag.

Dienstag



Hannheimer Abendzeitung.

21. Mai

Inserate diegespaltens
Zeile in Petitſchrifi oder
deren Raum 3 kr. Inſs-

hat, die Zeile oder deres
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und lhetprctbitiet ina .





Deutſchland.
++ Karlsruhe, 16. Mai. Folgende Erklärung wurde von
einer Anzahl Juden hiesiger Stadt unterzeichnet : .

„Den vollſten Anklang haben auch in unserer Mitte die kräftigen
Worte gefunden, mit denen eine Anzahl jüdischer Bürger in Hei-
delberg und Mannheim, dem gegen die erſte und alle künftigen Rab-
binerverſammlungen geſchleuderten Anathema der 77 Rabbiner entge-
gen getreten sind.,

„Auch wir fühlen uns verpflichtet, dieſen Gesinnungen uns öf-
fentlich anzuſchließen, da auch uns jene, zugleich ausdrücklich
an die Laien gerichtete, Crklärung der Siebenundsiebenzig so-
wohl durch ihren Inhalt als ihre Form in unseren heiligen Gefüh-
len verletzie, und wir auch mit Bedauern einige badifche Rabbinen
unter denselben fanden. Unſsere Religion kennt keine hierarchische Ge-
walt; die freie wiſſenſchaftliche Forschung in den Lehren des Juden-
thums und der hieraus hervorgehende in der eigenen Ueberzengung
wurzelnde Glaube iſt das einzige Prieſterthum, das wir anerkenen-,,
und nur den Jüngern einer ſolchen Relizionswiſſenschaft können wir
die Entwickelung und Fortbildung unſserer kirchlichen Institutionen an-
vertrauen.. ;

In diesem Sinne wurde an alle Rabbinen, zu welch’ re-
ligiöser Gesinnung solche sich auch bekennen, eine Einla-
dung zur gemeinſchaftlichen Berathung unſtrer heiligften Intereſsen
erlaſſen, und dieſe Richtung vertraten auch die Männer der erſten
Versammlung. –~ Mit innigstem Danke begrüßen wir diese Anfänge,
mit den zuversichtlichſten Hoffnungen folgen wir der nächsten Ver-
sammlung, die in größerem Umfange diese hohe Aufgabe zu löſen
heſtimmt ist.. /

„Mögen alle Rabbinen, die dieses im wahren Sinne des Wor-
ies ſind, Lehrer Israels, die ſich zur höchſten Aufgabe ihres
Berufs gestellt, den Kern, die ewigen Wahrheiten, unserer Religion
ber Zeit gemäß zu entwickeln, unscrn heiligen Institutionen eine wür-
dige Geſtaltung zu geben, und so eine reine Erkenntniß, innige
Liebe und lebendige Theilnahme für dieselben in der Mitte unserer
Glautensgenossen zu erwecken, besonders auch unter der heranwach-
senden Generation der leider nur zu deutlichen Abnahme der religiö-
ſen Gefinnung zu steuern, sich dem heiligen Werke zum Gedeihen un-
ſeres Glaubens anſchließen.--

„Mögen der ursprünglichen Aufforderung gemäß Männer der
verſchiedensten religiösen Richtungen recht yes dieſe Verſammlun-
gen besuchen, und von den ihrigen abweichende Meinungen mit den
Waffen des Geiſtes und der Wissenschaft widerlegen, damit aus dem
freien Austausch der verschiedenſten Ansichten die Wahrheit um so
xeiner hervorgehe. Vor Allem aber geht diese uuſere Auffordernng
an unsere badischen Rabbinen, welche durch zahlreiche Theilnahme
an der künftigen Versammlung bethätigen mögen, daß auch in un-
ſerm Baden die Geſinnung der Siebenundſicbenzig in der Min-
derzahl sich befindet..

* Aus Posen bringt die Fr. O.-P.-A.-Z. folgende sonderbare
Mittheilung; Aus Warschau erfahren wir, daß nunmehr eine öf-
fentliche Bekanntmachung über die im verfloſſenen Herbste entdeckte
Communiſten Verschwörung erschienen iſte. Cin Landmann, Namens
Janit, der dafür vom Monarchen außerordentlich belohnt worden,
hat zur Entdeckung des Verbrechens die erſte Spur angegeben. Die
Berschworenen hatten nichts Geringeres im Sinne als eine völlige Ver-
mögensgleichheit herbeizuführen, zu welchem Behufe sämmtliche „Her-
ren“ und sämmtliche Beamte ohne Guade ermordet werden follten.
Cin Priester aus Kielce oder deſſen Umgegend, eins der Häupter
des Complotts, hatte eine falſche Bulle fabricirt, worin Deujenigen
völliger Ablaß auf 15 Jahre verheißen wird, der zuerſt losſchlagen
würde. Der geiſtliche Herr iſt scinem Schicksal nicht entgangen und
die Uebrigen lernen Zobel fangen.

. MPoſen, s. Mai. (Obverp.-3.) Die Strenge des biesſizen pol-.
viſchen Censors, cines katholischen Geistlichen, die so weit geht, daß
fogar Auszüge aus Bütrhern. die mit ruſfischer Cenſur in Warschau
getruckt sind, geſtrichen werden, hat es nunmehr veranlaßt, daß eine
Zeitſchrift nach. der andern zu erſcheinen aufhört. Die diesfälltzen
Klagen liegen dem Obercensurgerichte zur Eritſcheidung , auf rie man
im pöchſten Grade geſpannt iſt, vor. In der heutigen hiesgen Zei-

tung leſen wir in dieser Beziehung folgende Anzeige von dem Redac-
teur tes rühmlich bekannten „Tygodnik literacki-, Hrn. Woykowski :
„Die drei Zeitſchriften „ Tygodnik ', „Pismo tla ludu polskiego, und
„Pismo tla Nauczycieli ludu " können auch diesen Monat unter ten
o bwalienden Umſtänden nicht erscheinen. Wir müſsen bei dieser An-
zeige ausdrücklich bemerken, daß das bekannte Gerücht, als wenn
wir der bekannten Ursache wegen unsere drei polniſche Zeitſchriften
eingehen laſſen würden, gänzlich unbegründet iſt, da wir die Ursache
bald zu bejeitigen hoffen. – HWir fühlen mehr als je, wie nöthig
unsere drei polniſchen Zeitſchriflen finn, um für Aufklärung,
Fortſchritt und rechtliche Freiheit in unserer Provinz kämpfen
zu können..

§§ Bielefeld, 8. Mai. Vor einigen Tagen iſt hier der erſte
Band des von M. Heß redigirten Geſellſchafts-Spiegels angekommen
und ausgegeben worden. Bei dem Interesse, welches bier für sociale
Fragen vorherrſcht, iſt diese Morzatsſchrift mit großem Beifall auf-
genommen worden und sie wird sicher für unsere Zuſtände von ber
deutender Wichtigkeit werden. Eine detaillirte Beleuchtung der Ver-
hältnisse unserer Arbeiter namentlich der Weber und Spinner, ent-
spricht ganz dem Zwecke des Gesellſchaftsſpiegels und ist bis dahin
wohl mehr aus Mangel an einem geeigneten Organe, als aus Man-
gel an Theilnahme für dieselben unterblieben. Wir zweifeln deßhalb
ebenſowenig an einer thätigen Mitwirkung an diesem Blatte von hier-
aus , als einer bedeutenden Verbreitung deſſelben in hieſiger Gegend.
Ganz besonders gefällt die energiſche, offene Sprache des Redakteurs,
die ſich auch in einer Bemerkung zu dem Auszuge aus der Kölner
Zeitung über den Anfall des Lieutenants W. gegen den Buchhändler
Helmich offenbart. Es hat bier eine freudige Sensation erregt, daß
das Verfahren des Lieutenant W. endlich die richtige Bezeichnung fand.
_ f Aus Westphalen , Anfang Mai. Das von Dr. Otto
Türing herausgegebene Volksbuch rdieſes Buch gehört dem Volke,
ſoll, wie ich aus zuverlässiger Quelle erfahre, verboten werden.
Ciner beſſeren Empfehlung bedürfte das Buch nicht.

HNus Schlesien, im Mai. (Trier. 3.3) Wie man mit Be-
ſiimmtheit verſichert, wird die Sehnsucht nach einer „wahrhaft guten
Preſſe", rie sie schon seit langer Zeit von den Inhabern mancher
Edelhöse, Katheder und Kanzeln erfleht worden iſt, nun endlich ei-
nige Befriedigung erhalten. Unsere Zeitungen, welche beide in
geiſilichen Dingen den chriſtlichen Rationalismus, in weltlichen ten
politiſchen „Liberalismus,, verfechten, werden eine dritte Schwester be-
kommen, welche aber freilich nicht sagen wird:

„Ich sei, gewährt mir die Bitte,

„In eucem Bunde die dritte!"
sondern vielmehr ihnen gegenüber in Staat und Kirche die conserva-
tiven Intereſſen, die bisver in Schleſien nur von einem Kirchenblätt-
chen und der vor einigen Monaten selig verschiedenen „Zeitschrift für
Recht. und Besitz- ziemlich armselig vertreten wurden, mit friſchen
Kräften zu flüßen suchen will. Der Redakteur soll aus Berlin ver-
schrieben werden, da man, wie es scheint, unter den schleſsiſchen Pub-
liciſten kein Subject für tauglich zu dieser Stelle erachtet hat.

Ans Bagiern, 11. Mai. ( Wes.-3.) Püfngsiten hätte uns
doch späteſtens den Frühling in seiner ganzen Fülle bringen ſollen,
nachdem wir weiße Oſtern gehabt baben; aber in den ſpärlichen
Stunden, wo uns eine freundliche Sonne ſcheint, glänzen die Berg-
gipfel aus dem Salzburger Hochgebirge wieder in voller Winter-
pracht zu uns herüber, und bei uns selbſt wehren sich die Blüthen-
knospen noch sebr vorsichtig gegen das Erſchließen. Die Kornkieperer '
und sonstigen Speculanten aller Art, von denen es in den Städten
und auf den Dörfern des getreidercichen Altbaierns leider seit einigen
Jahren im wahrſten Sinne des Wortes wimmelt, freuen ſich allein
des rauhen Wetters, da es ihnen die Möglichkeit verſchafft, hundert
Gerüchten über schlechte Ernteausstchten Eingang bei dem geängstigter:
Publikum zu bahnen, denen außerdem ſselbſt der Aengſlichfte keinen
Glauben beimeſſen würde. Von Obrigkeitsrvegen, von wohrr bekannt-
lich der gute Deutsche in Folge seiner unfelbſiſtändigen Erziehung in
der Regel einzig und allein die ihm würſchenswerthe Hülfe in aller-
lei Nöthen erwartet und auch nach Umßsänden zu ervalten pflegt, ift
in dieſem Punkte notüärlich Nichts zu errvarten. Die Speealation
hat sich nun einmal auf den Getreidetardet geworfen, die München-


 
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