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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 146 - No. 175 (1. Juni - 30. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0705

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aufsebhlag. franco.
Montag 23. Juni 1845 |













Deutſchland.

** Mannheim, 22. Juni. An die HH. v. Itz ſtein und
Hecker sind seit einigen Tagen zu den schon bekannt gemachten
Adreſſen der Reſidenzſtadt Karlsruhe und der Stadt Köln noch fol-
gende, die Ausweisung dieser beiden Männer aus den preußischen
Staaten betreffende, Adressen gekommen, welche sämmtlich mit sehr zahl-
reichen Unterſchriften bedeckt sind: Aus Leipzig, Königsberg, Lahr,
aus dem Renchthale, aus Lichtenſtein im sächſiſchen Erzgebirge, und
aus der Kreieſtadt Zwickau in Sachſen. Andere Adressen sind noch
angekündigt. ~ Cin sprechender Beweis, welchen tiefen Eindruck die
:ſerg:! der f preuß. Regierung, gewiß mit Recht, auf das deutsche

olk gemacht hat.

Die neulich schon erwähnte Adreſse einer großen Anzahl Königs-
b erg er Einwohner an die Ausgewieſenen HH. v. Itz ſtein und
Hecker lautet wörtlich:

„An die Herrn A dam v. Ihst e in und H e cker...

,Die Beleidigung des Gaſstrechtes entrüſtet jeden fühlenden Men-
ſchen; unsäglich aver iſt der Schmerz, wenn in den Edelſten und
Besten der Ration Das verlett wird, was ein unantaſibares Erbe
ſelbſt des Geringsten sein müßte...

„Das dachten, das fühlten wir, hochverehrte Herren, als wir
vernahmen, wie Ste, die beſten Söhne Deutschlands, Lieh-
linge des Volkes, weil Vorkämpfer seiner Freiheit , aus der Haupt-
ſtadt unseres Landes verbannt. wurden..

nein wenn das Ecle gemißyandelt wird, ſteigt sein Werth un-
endlich in der Achtung Allr, die frei denken und natürlich fühlen."

„Mögen Ihnen diese Zeilen, ~ ein aus weiter Ferne geſanvtes
Zeichen aufrichtiger Liebe und Verehrung – für Das Ersatz bieten,
was die preußische Polizei zu verhindern bemüht warz uns muß der
Troſt genügen, daß Sie. die Bürger- Königsberg zu gut kennen, um
nicht zu wissen, daß, wer Freiheit und offenes Recht muthig verficht,

_ von uns ſtets als theurer Mitbürger begrüßt wird..

„Königsberg in Pr., den 2. Juni 1845..
Folgen die Unterschriften.

*** Oberkirch, 18. Juni. Heute iſt an die Volkswortführer
v. Itz ſtein und Hecker rine mit ſehr zahlreichen, leicht in Tau-
sende vermehrbaren, Unterschriften versehene Adreſſe der Bewohner des
hieſigen Ortes, des Renchthales und der ganzen Umgegend abgegangen.

Es ging uns hier wie anderwärts. Anfangs wollte Niemand
an das Ungzlaubliche glauben. – Bei. Bestätigung der Geschichte
trat ein allgemeines Staunen, darauf eine allgemeine Entrüſtung
ein. Mißte es jeden Deutſchen, mußte es aufs Tiefſte jeden Bür-
ger des gekränkten Staates verletzen, wenn deſſen Angehörige irgend
einer Claſſe in solcher Weise behandelt wurden, was konnten wir
erſt zu dem Verfahren gegen v. Iuſtein und Hecker sagen, gegen
dieſe Männer von bedeutender öffentlichen Stellung im Staate und
von allgemeiner Achtung? ;

Der im ganzen Lande geliebte, vom Volke hochverehrte, nur
unser „V ater-- benannte Iuſtein, iſt besonders im Renchthale der
ganzen Bevölkerung persönlich bekannt; Er hat im Jahr 1843 bei
dem Verfassungsjubiläum in Griesbach präsſidirt und die Feſtrede
gehalten. Derselbe wohnte ähnlich auch im vorigen Jahr dem Ver-
faſſungsfeſte hier bei. Wer bei diesen Anlässen sah, wie sich Alt
und Jung an ihn hindrängten, wie ſtets Aller Blicke und Aufmerk-
samkeit auf ihn gerichtet waren, der mit Jedem so freundlich ge-
ſprochen und dessen Händedruck die ält e ſten Bürger als die größte
Auszeichnung und den Moment als den glücklichſten ihres Lebens
bezeichnen, wer gesehen, wie bei seinen Feuerreden jedes Auge flammte,
jede Wange sich röthete, wer die donnernden Hoch vernahm ~– fann
trmeſſen und weiß wie Vater Iuſtein, der Volksmann, hier dem
Bürger in das Herz gewachsen ist.

_ Gleiche Hochachtung und Liebe besißt Itſteins jüngerer College,
der unerſchrockene, feſte Vertheidiger der Freiheit und des Rechtes,
Obergerichtsadvokat Dy. Hecker. Es wird kaum ein Haus zu fin-
t.! in dem seine Kammerthätigkeit, sein rüſtiges Kämpfen fremd

k . f zt: :

_ Darum hat es auch Jeder für seine Pflicht gehalten, diesen
»ai>eren Männern die regſte Theilnahme an der Ihnen widerfahre-
ien Unbild zu bethätigeen.



Allenthalben iſt man auf das Resultat der Sache äußerſt ge-
spannt, um so mehr, da Jedermann weiß, daß weder Itſtein noch
Hecker je den Weg des Gesetzes und der Ordnung überschritten.

S Vom Ne&ar. Cine Stelle in einem vorlängſt hier in

Mannheim erschienenen Buche die uns heute bei dem Durchblätten
deſſelben in die Hand fiel, erregt vielleicht auch bei den Lesern der

Mannheimer Abendzeitung ebenso ernſtes Nachdenken als ſie uns er-
weckte. In dem bekannten Werke: „Wichtige Urkunden für den Rechts-
zuſtand der deutschen Nation“ sagt W elc>ker in seinen Klagen über
diesen heutigen Rechtszuſtand S. 24 unter Anderem wörtlich Folgen-
des :

„Eine' von jeder Rechtsachtung sich lossagende- polizeiliche Bevor-
mundung und Freiheitsberaubung drückt wie ein Alp auf der ganzen
Nation. Gleich unmündiger böser Knaben verbietet man Männern
nach ſschrankenloſem Vormundschafts- oder Herrenbelieben jede Ver-
sammlung, Vereinigung und Mitwirkung, ja die Beiſteuer und den
Empfang der Gaben, für die redchtlichſten, ederſten Zwecke.
Und während im freien England die ganze Regierung nicht die Ge-
walt hat, auch nur dem elendeſten Fremdling den Aufenthalt in
Stadt und Land zu verwehren, ihn des heiligen Schutz- und Gaſt-
rechts im freien und gaſtlichen Land zu berauben, wird der Deutſche
in Deutſchland wie ein Vagabund behandelt. Er wird es, trotz dem,
daß selbſt die Bundesacte ihm das von Gott unv der Natur gegebene
nationale deutsche Staatsbürgerrecht sogar noch ausdrücklich verbürgte.
Ohne jeglichen Rechtsgrund jagt man ihn in deutſchen Landen belie-
big über die Grenzen. Ja er hat oft im eignen Lande nicht einmal
ein Gaſtrecht, nicht den gesetzlichen Schutz des armſcligſten Frem--
lings in England. Man verweiſt ihn bereits auch im eigenen Hei-

Ö matzyland nach Belieben aus der Stadt, wo er Aufenthalt und Nah-

rungsſtand hatte oder suchte, und er kann noch froh sein, wenn man
ihm die Freiheit des Wegzugs und Auswanderns läßt, und ihn
„icht aus Polizeirückſichten an beſtimmte Orte bannt. Alle Rechts-
hülfe wird hier verſagt. Sie erklären die Willkür für Adminiſtra-
tiv- und Polizeisache. Man könnte glauben, alle Begriffe von Recht
und bürgerlicher Freiheit seien in Deutſchland erſtorben. In allen

zwei tauſend Jahren, in welchen wir von deutsſchen Zuſtänden ewas

wiſſ.n, war nicht auf gleiche Weise jedes Bollwerk für Freiheit und
Recht zerſtört, als jetzt, als so bald nach den Verheißungen der
Wicderherſtellung eines ehrwürdigen deutschen Rechtszuſftandes und
würdiger Freiheit, welche die Fürſten theils zur Rettung ihrer Throne,
theils durch Unglück an das ewige Recht gemahrt, theils aus fürſt-
licher Dankbarkeit ihrem Volke so feierlich zu machen müssen glaub-

tc.

Hat nun wohl hier der warme Freund seines Vaterlandes über-
trieben oder allzuſchr ins Schwarze gemahlt ? Das mögen die Le-
ser prüfen, welche Dem, was wir erleben und unsern Zeitungen be-
richten, aufmerkſam folgen! j

Heidelberg, 12. Juni. (Allg. Z.) Erfreulich iſt, daß der
jeßige Prorector v. Vangerow mit anerkennenswerther Energie fort-
während dahin wirkt, den corporativen Verband der Universität von
allerlei zünftigen Engherzigkeiten zu reinigen und den Sauertaig

eingeschlichener Mißbräuche nach Möglichkeit auszuscheiden, so daß

sich hoffen läßt, daß bald wieder ein friſcherer, lebendigerer G. iſt im
Ganzen walte. Hierhin gehört vor Allem, daß der seit Jahren aus-
ſchlicßend dem engern Senat anheimgefallene Geschäftsbetrieb wieder
für alle wichtigeren Fragen die breitere und liberalere Basis der
Entscheidung durch die Ges am mtheit der ordentlichen Profcſſoren
erhalten hat; daß ferner die, nur in der philosophischen Facultät
zur Anwendung gekommene, ungeschickte und vexatoriſche Maßregel
ganz beseitigt wurde, wonach die außerordentlicthen Profeſſoren und
Docenten ~ aber nur sie — halbjährig ihre Zuhörerverzeichniſſe an
den Dcean einsenden sollten. Noch verdient vielleicht die neue Ein-
richtung Erwähnung, daß künftighin die Osterferien vom 15. März
bis 15. April, die Herbstferien aber vom 15. Auguſt bis 15. October
dauern sollen. Von Titeln und dgl., die noch immer von Zeit zu
Zeit ertheilt werden, will ich lieber ſchweigen. Ob die dadurch ge-
lit Et. der Lehrer die „Anſtalt-- selber fördere, iſt freilich eine
andere Frage. j :


 
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