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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 268 - No. 298 (1.October - 31. October)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#1203

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Freitag



Deutſchland.
Konſtanz, 12. Oktober. Die Anwesenhcit unseres wackeren
Landtagsabgeordneten Ma t hy gab seinen Wählern und den geſin-
nungstüchtigen Bürgern unserer Stadt Veranlassung zu einem erhe-
benden Bürgerfeſte. Es wurde nämlich verabredet, den ehrenwerthen
Gaſt in die Mitte seiner Gesinnungsverwandten zu einem frugalen
Abendmahl einzuladen. Kaum hatte diese Nachricht sich verbreitet,
ſo haiten auch alsbald über hundert Bürger (so viel der Raum im
Lokale des Bürgermuſeums zu faſſen vermochte) sich eingefunden.
Als Hr. Mathy in Begleitung der Feſtkommission im Saal erschien,
empfing ihn ein dreimaliges donnerndes Lebehoch. Der Saal selbſt
war geziert mit Bildniſſen der Deputirten : Rotteck , Aſchbach, San-
der, Itſtein, Welcker, Rindeschwender, Bassermann, Kuenzer, in de-
ren Mitte der Name des Ehrengaſtes Pla nahm. Die Bildnisse
waren sämmtlich mit Bürgerkronen gischmückt, die der Verstorbenen
auch mit Immortellenkränzen. Während des Matles erhob sich Bür-
germeiſter Hüetlin, die kräftige, gesegliche und wirksame öffentliche
Haltung des Abgeordneten der Stadt bezeichnend und mit einem
Hoch auf denselben endigend. Ihm folgte Mathy, mit einer Re-
chenschaft über seine Thätigkeit während der versloſſenen Landtage
und die Versicherung ertheilend,, daß der nächste Landtag ihn wie-
der in den R:ihen der Oppoſition sehen werde. Fernere Trinksprüche
brachten: Dekan Kuenzer, tie Wirkſamkeit der Oppoſition bezeichnend;
— Avdvokat Würth, auf's deutsche Vaterland, indem er nach einem
Blick in die Vergangenheit auf die abermals drohende Gefahr einer
Losreißung Schleswig-Holsteins deutete; ~ Handelsmann Poinsignon
auf die Manen Sanders; ~ Handelsmann Zogelmann, auf die
ſtumme Opypoſition (die Bilder nämlich, welche an den Wänden
hingen); ~ Arzt Vanotii, auf eine kräftige Position ter Oppo-
ſition; –~ Franz Stromeier, auf das freie Wort, welches Licht
ſchleudere in die kirchliche Finſterniß und in die hohen Aktenſtöße der
geheimen Juſtiz; –~ Buchdrucker Stadler, auf die Bürger Offen-
burg's und ihren wackern Bürgermeiſter Réeez ~ I. Fidkler, auf
die Charaktere der Opposition. ~ Die Sängerrunde Bodan ver-
hurrlichte durch ihren trefflichen Gesang den genußreichen Abend und
gab Hrn. Mathy Grlegenheit zu einem geiſtreichen Schlußwort, wo-
rin er die Sängerrunde deutscher Männer als das Schutzhecr des
Geiſtes bezeichne. Wie im Mittelalter dem Handel und Wandel
Sicherheit wurde durch das Bündniß der Städte, deren vereinigte
Zünfte die Burgen der Raubritter brachen, so solle jetzt ein neuer
Städtebund, der Bund der Sänger, erstehen, um der Bewegung des
Geiſtes, der durch das Baterland zieht, ein freies Geleit zu gewäh-
ren, ihn zu schützen gegen die moternen Raubritter, die mit Cen-
sorſcheeren, mit Kutten und Bureaukratenfedern gegen ihn zu Felde
ziehen. Um Mitternacht trennte sich die Versammlung und wir ver-
ließen sie mit der Ueberzeugung, daß unter den Anwesenden keiner
war, der nicht in seinem Herzen den Eniſchluß mit nach Hauſe trug,
bei der nächſten Deputirtenwabl durch keine Vorſpiegelung, durch
keine Rücksicht, durch keine Verführung sich dahin bringen zu laſsen,
. r Leni bewährten Abgeordneten der Stadt Konstanz seine Stimme
entzöge!
> Aus dem Lippiſchen, 11. Octobcir. Von einem unserer
würdigſtén Prediger, dem Superintendenten Velkharſen zu Derting-
hauſen, einem Manne, der sowohl durch Gelehrſamkeit als Humanität
und durch einen heiligen Eifer für die Sache ter Menschheit ausge-
zeichnet iſt: sind im Verlage von A. Helmich in Bielefeld vier
Predigten erſchienen, auf welche wir die Freunde des Fortschrittes
aufmerksam machen wollen. Sie werden sich gleich uns bci Lesung
dieser Predigten durch Belehrung und Anregung erbaurn. ~ Es ist
gewiß eine erfreuliche Eiſcheinung, wenn wir einen Marn, der schon
ſo vorgeschritten im Alter iſt, wie der Verfaſſer, so frischen Gei-
fes und frei ein Zeugniß ablegen sehen für die Wahrheit, wenn er
ein freies Wort ausspricht. Das rechte Wort iſt eine That.
Denn das Wort, mittelſt desen wir die Wahrheit bezeugen, wird von

_ Denen, welche die Wahrheit hassen, mehr gerächt als tie That, durch

welche fie ihre Sache verlegt halten. Das lehrt unz das Beiſpiel
Jeſu und seiner Jünger, das verkündet die Geschichte aller Zriten,
das beſtätigt die Erfahrung der nveueſten Tage (S. 59). – Wir
. wollen wünſchen, daß alle Prediger, die auf demſelvben Standpunkte

17. October

1845,

ſtehen wie der Verfaſſer, durch sein Beispiel ermuthigt, alle Furcht
ablegen und frei die Wahrheit bekennen. Wir wollen wünſchen, daß
die Zahl Derer, welche ſo ihre Lebensaufgabe faſſen, wie der Ver-
faſſer, immer größer werden, damit sie so eine kräftige Phalanx bil-
den, welche da ſtreitet gegen jegliche Knechtschaft des Geiſtes. Hö-
ren wir, rie der Verf. seine Aufgabe erfaßt hat: „Auch wir, m.
Fr., sollen Jeglicher in seinem Theile beitragen, daß das Geschick
der Menschheit erſüllet, daß sie in der Entwickelung ihres Lebens

zu d er Vollkommenheit fortgeführt werde, deren sie fähig und welche

sie eben darum zu erreichen beftimmt iſt. Und groß und dabei deut-
lich zu erkennen iſt die uns zugetheilte Sendung, der uns gewor-
dene Auſ'trag oder Beruf in der gegenwärtigen so bedeutungsvollen
Zeit. Denn das uns vorliegende Werk iſt, wie der, der die Zeichen
der Zeit zu deuten weiß, nicht verkennen wird, daß wir die Welt
immer mehr zu befreien streben von dem Aberglauben, der in götili-
<en und menschlichen Dingen noch immer aus den früheren Zeiten
so manchem Menſchen anklebt, fern. r , daß wir ibnen zur Erkerntniß
ihrer Rechte gegen einander verhelfen und in ihnen eine solche Ge-
sinnung erzeugen, welche zu einem weisen, zum Wohle der Gesammt-
heit oder des Ganzen und des Einzelnen, gleich feſt dienenden Ge-
brauche ihrer Rechte und ihrer Kräfte sie antreibt, daß wir deßhalb
uns nicht entziehen dem Worte, auf deſſen hochwichtige Ausführung
man endlich anfängt Bedacht zu nehmen.

.4 Aus dem Bergiſchen, 11. Oktober. Die mißbilligende
Aeußerungen des Hrn. Oberpräſsidenten Eich mann, deren Gewicht
in Burscheid gerade die Unſchuldigen traf, haben nicht verhindern
können, daß der Anhang der Lichtfreunde sich täglich hierselbſt mehrte.
So mäßig dieser in seinen Forderungen iſt, so beharrlich beſteht
er auf seiner evangelischen Freiheit. ~

Von der Oder, Anfangs Oktober. (Köln. 3.) Vor Kurzem
hatten sich ungefähr 300 Müllermeisſter aus allen Gegenden der
Provinz in Breslau eingefunden, um in einem öffentlichen Gafihauſe
eine Berathvng wegen gemeinschaftlicher Schritte in Betreff der Re-
gulirung ihrer Verhältniſſe zu den sogenannten Grundherrsſchaften
abzuhalten. Die Müller sind noch immer gehalten, den Ritterguts-
beſitzzrn gewiſſe Abgaben zu entrichten, wofür ihnen aber nach dem
Aufyören des Mahlzwanges keine Gegenleiſtung mehr gewährt wird,
wie dies bei gar vielen Abgaben an die Rittergüter, Seitens der
fleinen Besitzer und der übrigen Landbewohner Schlesiens, der Fall
zu sein pflegt. Die reſp. Polizei in Breslau verhinderte jedoch durch
ihr Eirſchreiten, daß bei erwähnter Müllerversammlung allgemeine
Ansprachen geschehen konnten, und sogar gegen eine Protokollführung
soil polizeiliche Einrede geschchen sein. Man begreift ſehr wohl, daß
eine Vereinigung der Müller nach gewisser Seite hin ziemlich unbe-
quem werden könnte, indeſſen wird nicht abgesehen, mit welchem
Rechte Leute, die allerdings Gesammtintereſſen haben, vom friedlichen
Wege der Berathungen und gemeinsamen Bestrebungen herunterge-
wiesen werden durften, und zwrifelt daher sehr, ob das Verfahren
der resp. Polizciperſonen bei din obern Behörden Billigung finden
werde. Cine Versammlung der Repräsentanten der Br auer Mit-
telſchlesiens wurde nachträglich ohne Störung abgehalten; allein man
man glaubt; daß die Polizei nur keine Notiz davon genommen habe,
weil sie nichts davon erfahren.

§* Berlin, 11. Oktober. Die Antwort des Königs auf die
Adriſſe des Berliner Magiſtrates zirkulirt in tauſend Abschriften und
allen Kreisen. Zwar stimmt kaum eine wortgetreu mit der andern,
der Inhalt iſ jedoch dem durthaus ähnlich, was politiſche Zeitungen
bisher davon mitgetheilt haben. Eine der Abschriften, welche als ganz
authentisch ausgegeben wird (ein Schicksal, das sie wahrscheinlich mit
all’ ihren Kameraden theilt), enthält einen Paſſus, der noch in keiner
Zeitung wortgetreu mitgetheilt it. Der König sagie : Der Ma-
giſtrat wagt e s, Rechtgläubige, die ihre Treue gegen das Herrſcher-
baus sets bewährten, eine Partei za nennen..« Dieser Paſſus er-
scheint um fo wichtiger, als der Kabinetsminiſter u. Thile im Audienz-
zimmer zuzegen war und überdies dem Magiftrate schon früher tie
Adreſſe mit der Bemerkung zurückgestellt haite, daß sie bei dem Mo-
narchen ungnädige Aufnayme finden werde und deßhalb beſſer zurück-
zuhalten fei. Ein anderer Vorwurf der Antwort, daß für tie He-
bung des kirchlichen Lebens in kangen Japren gar nichts geszhepen sci,


 
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