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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 31 – No. 57 (1. Februar - 28. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0219

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Ausland erhöht ſich das
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aufſchlag.

Montag

Deutſchland.

0 Aus dem Großbherzogthum Heſſen, 21. Februar..
(Ein noh ungedruckter Brief Weidigs.) Während
die vier Briefſchreiber an den Präsidenten unserer zweiten Kammer
zu überlegen scheinen, ob sie dic gegen den Abgeordneten Georgi an-
gedrohten „extremen Maßregeln‘/ wirklich vollziehen oder ftillſchwei-
gend in die Tasche zurückſchieben sollen, hat sich ein neues wichtiges
Document gegen denselben ergeben. Vom großh. Hofgericht in Gies-
sen nämlich wurden endlich, nach mehrmaligem dringendem Anrufen
der Curatoren der Weidig’ſchen Kinder, vier Briefe des verſtorbenen
Weidig denselben ausgehändigt, welche Belege geben, in welcher Weise
Georgi die Correſpondenz seines Gefangenen überwachte. Gedachte vier
Briefe durſten nämlich ihrer Zeit an Weidigs unglückliche Gattin
nicht abgehen. Aber freilich wurden sie auch nachher viele Jahre
„aus ſtaatspolizeilichen Gründen" zurückzugeben verweigert, bis endlich
das Gericht wie es ſcheint beim Ministerium die Rückgabe erwirkte.
Rachsſtehend folgt derjenige Brief von den vieren, deſſen Inhalt re-
lativ der wichtigste iſt.|

Dabei iſt dem Briefe nur die Bemerkung vorauszuſchicken, daß
Weidig's Töchterchen Amalie, welche ihm einige Monate nach seiner
Gefangennahme geboren wurde, dort Friedegarde von ihm genannt

“ Der Brief ſelbſt lautet wortgetreu :

Darmſtadt, 5. März 1 836.

Mein geliebtes Herzensweib!

Endlich iſt es mir vergönnt, Dir auf deine zwei Briefe von
diesem Jahre, den ersten eryi.lt ich den Tag vor meinem Geburts-
tage, und den zweiten gestern, zu antworten. Die Freude über deine
Briefe dir zu schildern, wird unnöthig sein. Der erſte fand mich
noch wie im Traum und so kam es, daß ich nicht sogleich um rie
Erlaubniß zu antworten bat. Als ich zur Besinnurg kam, d. h.
einige Minuten nach dem Besuch des Hrn. H. -G.-Raths, suchte ich
die Bitte sogleich vorzubringen, sie wurde mir aber da nicht mehr
gewährt, was mir nicht nur sehr schmerzlich, sondern auch für mei-
nen Seelenzuſtand sehr nachtheilig war. Ich konnte mich aus dem
bisherigen Jammer nicht heraus firden, doch heute wird mir auf
deinen zweiten Brief zu antworten erlaubt und ich hoffe, daß diese
Gewährung zur Verbannung meiner Gemütbskrankheit recht viel bei-
tragen soll. Ich muß dir nämlich sagen, daß ich seit Schluß des
vorigen Jahres mit geringen Unter rechungen krank und gemüthskra.k
bin und daß mein Gesundheitszuſtand noch immer sehr schwankend
iſt?und daß ich, obgleich der Arzt Geneſung mir zuſagt, doch auf
Alles gefaßt bin. Doch du und die Kinder, Ihr seid wohl, und das
. iſt es, was ich jcde Stunde des Tages und viele Stunden der Nacht
von Gott erfleht habe. Meiner Lieder zum Geburtstage von Wil-
helm und Friedegard erwähnte ich früher und füge sie hier an.

A n.. W i lh e. l 'm.
1) Dir blüh’n heut sieben Sommer, in froher Jugend Schein
Da sendet Dir ein Rosenbild Dein Vater in dem Himmel mild, Schenkt
M. : Dir ein Schweſterlein.
2) Er grüßt, o lieber Wilhelm, Dich durch das Schwefſterlein
: Und spricht, weil in Gefangenschaft Dein Vater iſt, soll meine Kraft
: nun zwiefach mit Dir sein.
3) Dich und die Schwester will ich beschützen treu und mild
KnMlunùd everer Matter Aug!’ und Herz Sollt ihr erfreuen, bis fich ihr
Schmerz durch Vaters Heimtkehr ſtillt.
4) So blüh’, o lieber Wilhelm, In froher Jugend Schein.
Thu’ fröhlich, was Dein Vater spricht, der hoch thront in des Himmels
Licht, Thu's und gedenke mein.
5) So blüh’, o lieber Wilhelm In froher Jugend Schein,
Blüh’, bis ich Dir, o süßes Glück, bring meine Vatertreu zurück,
Blüh’ und gedenke mein.

Z n; F r ice d e g a x s.
1) Du süße Roſsenknospe, Die du mit Freud und Schmerz
_ OiezBrut des Vaters haſt erfüllt, Eh’ Du dich nsch dem Licht enthüllt,
"U.. st. : komm an mein sehnend Herz.
12) Du süße Roſenknospe, Du ruhteſt sanft und süß 1.8
. In yveiner Mutter treuem Schooß, §1 z zd tu ſzs stttrstecs,
. ns düſtere Verließ. ;





24. Februar

Inseratediegesyaltene
Zeile in Petitschrift oder
deren Raum 3 kr. Inse-

. ſtz gs : f it rate, worüber die Redak-
zt / §. ny cl ung. tion Auskunft zu ertheilen
; hat, die Zeile oder deren

Raum 4 kr. – Vriefe
und “r «tet man

1845.

FTI

3) Du süße Rosenknospe ruhſt, nun dem Licht erblüht, ;
An deiner Mutter treuer Bruſt Die neu tte! tete Luſt, Wie Mor-
enroth erglüht.
4) Du süße Rosenkospe, bald ſtrahlet G! Heu tus !
Der süßen Freiheit Licht und Luſt, Dann ruhſt Du auch an Vaters Bruſt
Als ros'’ger Freude Bild.
5) Dann reiht sich, süße Knospe, der Mutter Freudenglanz
Des trauten Bruders Freudenſtrahl, Wie Rosenbuſch im grünen Thal,
Zu Einem Jreudentranz.

Der ÄAllinächtige erfülle diese Lieder bald. Ich trage überhaupt
noch etwa vierzig Lieder, aus der Zeit, wo mein Kopf noch hell war,
in meinem Gedächtniß herum als wohlthätige Geſellſchafter meiner
Einsamkeit. Mein Kopf iſt übrigens noch ſetr krank und ich habe
sehr oft Bilder und Erscheinungen, die ganz entgegengesetzter Art
ſind. Diese Nacht kam Fr edegard mit der Amme zu mir, daß ich
ſie leibhaftig sah und begrüßte. ;

Uebrigens bin ich noch derſelbe, der ich war, und ich wieder-
hole dir ganz dieselben Versicherungen, die ich dir bei meinem Schei-
den aus Frierberg gab und kann und werde sie wiederholen, ſo
lange noch ein Athemzug in meiner Bruſt sich regt. Ich bitte dich
herzlich, alle Verſchwiſterte, Verwandte und Befreundete zu grüßen
und wiederbole dir tie Bitte, die ich dir in Friedberg that, daß du
als mein Anwalt Alles widerſprichſt, was etwa Nachtheiliges gegen
mich gesprochen wird und hierin Niemanden Glauben ſchenkſt, als mir
und deinem Heezen, denn man lügt gerne auf die Leute, insbesondere
auf L.bendigbegrabene. Entlich bitte ich, daß du ba’digst meine frü-
heren Aufträge vollziezen lisseſt, soweit es noch nicht geschehen, na-
mentlich den am Schluſse des vorl-tten Briefs, er hatte nicht das
volle Bogenformat. Ich muß ſchließen, die Wuth der Schmerzen in
meinem Kopfe und m.iner Bruſt iſt. obaleich oft vcrſteckt, jetzt wie-
der sataniſch und ich grüße dich und unsere Kinder mit der treuſten
unveränderlichen Liebe. Dein Fritz.

Das Greßherz. Hofgericht bemerkte bei der Zurückgabe jener
Briefe, daß ein noch vorhanden gewesener Brief vom
24. Juli 1836 sich nicht mehr auffinden laſſe. Die Curatoren ſind
hierauf alsbald abermals um Ausantwortung dieses verſchobenen
Briefs bei dem Hofgericht cingekommen, j

Coublenz, 12. Februar. In der dritten. Sitzugg „ d e
r h ein i ſ< en Land t ag s legte der Landtagsmarschall einige,
von dem Landtagécommissär eingeaangene Mittheilungen vor. Hie-
rauf folgte die Berlesung von Anträgen: 1) des Antrags in Betreff
der Leineninduſtrie und des Flachsbaues durch einen Abgeordncten
aus dem Stande der Ritterschaft, – tes Antrags auf Vollziehung
des Gesetes vom 22. Mai 1815 ( Reicheftände) durch einen Abge-
ordneten aus dem Stande der Stätte. Nachdem die beiden Anträge
an die betreffenden Ausschüsse verwiesen worden, trug ein anderer
Abgeordneter aus dem Stande der Städte auf den Druck des zwei-
ten Antrags an. Der L. - M. entgegnete, daß zwischen dem Druck
zum Gebrauche der Stände und der Veröffentlichung unterschieden
werden muſſe. Er könne tas Betürfniß des Drucks für tie dem-
nächſtige Berathung nicht erkennen, müſſe es alio der Versammlung
überlassen, wenn der Druck ihr Wunsch sei, diesen Wunſch, dessen
Erfülung er in keiner Hinjſicht entgegen sei, in dem gesetzlichen Wege
sſelbſt durch eine Deputation bei tem Landtagseommissäir auszusprechen.
Dieser Vorschlag schien Unterſtütung zu finden. Da aber ein ande-
rer Abgeordneter aus dem Stande der Städte es beklagenswerth fand,
wenn die Ständeverſammlung erſt von der Staatsgewalt erbitten
müsse, was ir doch rechtlich zuſtebe, und wie zumal es sich um die
wichtigsten Intereſſen handle, ~ von Abgeordneten aus dem Stande
der Ritterschaft hervorgehoben wurdez so erklärte der Landtagsmar-
ſchall schließlich, daß der Kanzlei der Auftrag ertheilt werden ſolle,
die zum Druck erforderlichen Einleitungen zu treffen. Es wurde
sodann 3) von einem Abgeordneten aus dem Stande der Städte
ein Antrag auf Vervollständigung und theilweiſc Abänderung der

vier

î Gesetze über landſchafiliche Wahlen verleſen und dem betreffenden

Aussſchuſse zugetheilt. Es folgte sodann 4) von dem nämlichen Abge-
ordneten ein zweiter Antrag wegen Theilnahme an der deutschen Staa-
ten den Berathungen der Jollgesetze. Auch diese Anträge wurden den
betreffenden Ausschüssen zugetheile. 5) verlas ein Abg. aus dem
Stande der Landgemeinden einen Antraz um Ausführung des Ge-


 
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