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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 176 - No. 206 (1. Juli - 31. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0759

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telſähr. Vorausbezahlung p,,
ir Mannheim 1 fl. 15 kr, >
durch die Poft bezogen im u 1.4
ganzen Örokherzogthum zy p U . Uu u U 6.4 p
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Deutſchland.

* x * Mannheim, 5. Juli. Um so manche Vorurtheile, wel-
<e unter Oebildeten und Halbgebildeten noch wider die Philosophie,
insbesondere deren Resultate und praktische Cinführbarkeit in die Wiſ-
senschaften und ins Leben gang und gäbe sind, allmälig siegreich zu
beseitigen, kann der kürzlich (seit April d. J.) erschienene lette, noch
rück)ändig gewesene Band von den gesammelten Werken Hegels, rdie
Philosophie des Geriſtes,\- die beſte Dienſte leiſten. Dieser Theil
(der dritte dcr Hegel'schen Encyklopädie) enthält nämlich zum fünſsechs-
ten Theil die Lehre vom subjektiven Geiſt oder die s. g. Ps y ch olo-
gie, mit reichen und sehr ſchäßbaren Zuſätzen, Erläuterungen und
Erweiteruugen aus den betreffenden ungedruckten Vorlesungen des Phi-
loſophen durch den Herausgeber versehen. Wenn irgend eine philo-
ſophiſche Branche vorzugsweise vor andern geeignet iſt, zur wahr-
haften, gediegenen Selbfſtſtändigkeit d es Denkens und
Wollens und zu tüchtiger Th atkraft zu erziehen, so iſt es
dieſer Theil, der noch dazu durch den das ganze Seelen- und Geiſtesleben
umspannendenden Stoff in hchem Grade das Interesſſe deſſen fesseln
kann, der ächte Popularität der Darſtellung mit gediegener Tiefe ver-
einigt sucht. Wer hier mit geistiger Befähigung und mit Ernſt und
Selbſtverläugnung der Gesinnung herankommt, ohne welche man es
freilich in der Wissenschaft nicht weit bringt ~ und durch die streng
methodische Form hindurch ſich zum Verſtändniß der Tiefe vorwärts
gearbeitet hat, der wird gefeſſelt, daß er immer weiter in den ſtillen
Schacht des Geiſtes sich versenkt und Gott und die Welt und sich selbſt
immer beſſer erkennt!

* Mannheim, 5. Juli. Die Umgehung des S undzolls
mittelſt eines Kanals durch Schweden oder die Beseitigung desselben
durch Ablösung iſt zunächſt für Preußens Handel und Schifffahrt in
der Oſtsee, mittelbar aber auch für die Entwickelung tes Zollvereins
von hoher Beteutung. Es ist wohl mehr als bloße Vermuthung,
daß Preußen, wenn einmal dieser läſtige Tribut weggeräumt sein
wird, mit größerem Eifer als bisher für den Beitritt des hannöver-
schen Steuervereins und der Hanſseſtädte arbeiten werde, und dann
auch mit beſſerem Erfolg. Der Sundzoll beträgt für mehrere Arti-
kel, hauptsächlich Rohſtoffe, mehr als der Staderzoll und die Elbe-
zölle. Der Unterschicd in den Bezugskoſten, begünſtigt Hamburg und
Bremen gegen Stettin, und die Fabrikanten in Sachsen vor denen
im Oſten. Dies würde noch im höheren Grate der Fall sein, wenn
die Hanſeſtähte und Hannover dem Zollvereine beigetreten wären,
alſov durch den großen Markt zur Begründung und Erhebung von
Fabriken angeregt würden. Leider muß man die Wahrſscheinlichkeit
zugeben, daß derlei Motive Preußen abgehalten haben, den Beitritt
der deutschen Küſtenländer und Seehäfen zu dem Zollvereine mit dem
erforderlichen Nachdrucke zu betreiben. Auf der andern Seite würde
aber der Beitritt der Nordsceküftenländer wesentlich die Beseitigang
tf §ur>;eus ertcictern; indem er auf die Minderung des Ertrags

inwirken würde. –

Die Hoffnungen, welche die Anwesenheit des Königs von Preus-
sen in Kopenhagen rege gemacht hat, werden sich nur dann verwirk-
lichen, wenn Preußen ernſtlich die Mittel aufbietet, die ihm zu Ge-
bote ſtehen, um Dänemark fühlen zu lassen, daß Preußen den Willen
und die Macht hat, einen willkürlichen, Handel und Schifffahrt läh-
menden, Tribut nicht länger zu bezahlen. ~ Ueber diesen wichtigen
Gegenstand wird nächstens ein Werk von H. S c er er + der Sund-
zoll in seiner Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ~ in Berlin
erscheinen, wovon die Kölner Zeitung bereits Auszüge wittheilt, wel-
che eine gediegene Arbeit erwarten lassen.

. *, Mannbhyeim, 4. Juli. (Egsdt.) Es geht hier allgemein das mit
ziemlicher Beſtimmtheit verbürgte Gerücht, die baier. pfälziſch Dampf-
ſchleppſchiffahrts-Gesellſchaft solle ernſilich damit umgehen, bei der be-
treffenden Regierung dahin zu wirken, daß ihrem Unterrnehmen – aus
welchen Mitteln es nun sein mag eine Zinsen-Garantie von 4 °,,
zu Theil werde. ~ Eine solche Garantie könnte den entmuthigten
Actionärs jevenfalls nur erwünſcht sein; ob aber im wahren Interesse
ter Sache selbft, iſt eine andere Frage! Sind einmal Zinsen gar an-
tir t, so ſteht zu erwarten, daß der bereits jetzt schon schleppende Ge-
ſchäftsbetrieb jenes Unternehmens vollends gar zum Cinſchlafen kömmt.
_ —~ Oder will man etwa den Actieninhahern eine Zinsengarantie blos

zum Behuf der Aufbringung der zur Anſschaffuug eines zweiten Rem-
orquers erforderlichen Capitalien auswirken? — Dieses wäre wieder
ein Unglück. – Denn ein zweiter Remorqueur wäre ſicherlich nur
Nutzen bringend in den Hänten einer heilſamen Concurrenz, um die
bair. pfälzische Gesellſchaft auf einen andern thätigen Geschäftsbetrieb
zu führen, was nicht nur dem Interesse der Betheiligten selbſt, son-
dern auch dem Platz Ludwigshafen förderlich sein würde.

* Mannheim, 4. Juli. Die Fr. O.-P.-A.-Z. bringt fol-
genden für unsere Stadt wohl beziehungsreichen Artikel aus Mainz:
Nachdem nunmehr die großh. heſſ. Staatsregierung zu den von ihr bean-
tragten Unterſtützungen des Handels und der Schifffahrt von Mainz die
Zuſtimmungen beider Ständekammern erhalten hat, folgt die Ausführung
diefer günstigen Maßregeln mit erfreulicher Schnelligkeit. Unterm 28.
v. M. erfolgte bereits die Gewährung der Zinsengarantie von 4 pCt.
zu Gunsten des Mainzer Dampfschleppschifffahrtsunternehmens und
laut einer geſtern eingegangenen Mittheilung der großh. Oberfinanzkam-
merz; an tie Handelskammer dahier iſt die Befreiung vom Rhein-
brückengelde für alle Waar ensendungen von und nach der
Taunuseisenbahn nun ebenfalls verfügt und die deßfalls nöthigen
Anordnungen in der Art getroffen worden, daß gestern schon von
den Waarentraneporten von und nach der Taunusbahn kein Brücken-
geld mehr erhoben wurde. In Betreff einer nicht minder wichtigen
Maßregel zu Gunſten unseres Handels, nämlich der 13'/, Centimes
Rheinzoll, welche die großherzogliche Staatsregierung künftig auf alle
im hieſigen Hafen eingeladene und nach den Main- Häfen beſtimmte
Güter und vice versa nachlassen wird, steht dieselbe noch in Unter-
handlung mit der bayerischen und naſsſauiſchen Regierung, nach de-
ren bald zu erwartender Beendigung auch diese für den Mainzer

Speditionshandel so wohlihätige Beſtimmung sofort tn Wirksamkeit

treten wird. Endlich vernehme ich noch aus guter Ouelle, daß die
definitive Conceſſlon für die Mainz- Ludwigshafener Eisenbahn in
längstens 14 Tagen hier eintreffen und daun alle die ungünſtigen
Gerüchte niederſchlagen wird, welche in Folge der bisherigen Zögerung
in dieser Angelegenheit zu Tage gefördert wurden.

Lahr, 1. Juli. (Oberrh. Z.) Das JIntereſſe, welches man
hier an den bevorstehenden Deputirtenwahlen nimmt, drängt für den
Augenblick alles Andere in den Hintergrund. Bekanntlich hat unsere
Stadt gleichzeitig beide Deputirten zu wählen. Wer nun die eigen-
thümlichen Berhälinisse dieser Stadt kennt, wird es begreiflich fiuden,
daß in Bezug auf die diesmalige Wahl wichtige Fragen auftauchen
müssen. Der hieſige Fabrikantenſtand, mehr oder weniger dem con-
ſervativen Princip zugethan, hat von jeher einen wichtigen Einfluß
auf den politischen Barometecſtand ausgeübt und die Wazlen lange
Zeit faſt ganz nach seinem Sinne gelenkt. Erſt in Folge der durch
die Urlaubsverweigerung hervorgerufenen Agitation machte sich eine
größere Selbſiſtändigkcit der Mittelklaſſen geltend, und es kam bei
den nach der Kammerauflösung vorgenommenen Wahlen das merk-
würdige Resultat zum Vorschein, daß von einem und demselben Wahl-
männercollegium ein conservativer und ein liberaler Candidat gewählt
wurden. Man hat gar bald die Inconsequenz einer solchen Wayl
eingesehen und sie damit zu entschuldigen geſucht, daß man sie
die Geburt einer Uebergangs periode nannte. In der Wirllichkeit
war es eine Transaction, wodurch der noch ſchüchterne Liberalismus
den Conservatismus zu besänftigen flrebte. Ueber solche Halbheit ift
man seitdem hinwegkommen , und eben deßhalb steht es jezt auch so
sehr in Frage, welches Princip diesmal den Sieg davon tragen
werde; denn daß noch keines dem andern das Feid geräumt hat, noch
bei der bekannten Zähigkeit des Conservatismus räumen konnte, iſt
Jedem nur irgend in der Politik Bewanderten klar, und es ſtellt sich
überdieß durch mannigfache Erscheinungen von selbſt heraus.

> Stuttgart, 4. Juli. (Andiatur et altera pars.) Die
hier dermalen obſchwebende Frage: Soll Württemberg seine Eisenbah-
nen an die Engländer verkaufen? iſt in ihr zweites Stadium getre-
ten. Anfangs waren wir armen Schwaben ganz verblüfft über die
ungeheure Großmuth Albions , uns gratis, völlig gratis, mit Eisen-

bahnen zu beſchenken. Unsern Bauern, welche nicht über ihre Scholle,

unsern Spießbürgern, welche nicht über ihre Elle hinaussehen, war
es nicht zu verdenken, daß sie es in ihrer r heiligen Einfalt- gar
nicht so übel fanden, ſich die entsetzlichen Eisenbahnen von den Eng-

deren viaum 3 kr. Inſen. .


 
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