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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 146 - No. 175 (1. Juni - 30. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0617

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Abendzeitung





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deren Raum 3 kr. Juſs-
rate, worüber die Redak-
tion Auskunft zu ertheilen
[ 5 d hat, die Zeile oder deren
Raum A kr. – HBrisfs
und Geld erbittet man
franco.





Sonntag

1815





Deutſchland.

* Mannheim, 31. Juni. Die A. Alg. Ztg. bemerkt, daß
bie neueſten ihr vorliegenden Berliner Blätter vom 24. u. 25. über
bie Ausweisung v. It ſteins und Hecker's, dieſer Deputirten
eines deutſchen, dem Zollverein v erbündeter Staates aus einem
der Staaten des Bundes und des Zollvereins- ſchweigen. Ihr
Correſpondent aus Leipzig berichtet, daß dort die Sensation über
jene Maßregel allgemein sei.

~ Die |Sächſ. Baterl.-Bl.- geben einen ausführlichen Bericht
über die Ausweisung v. Itſtein's und Heckers aus Preußenz er sagt
u. A.t 1„Bemerkt muß werden, daß die Genannten zu dieſer Maß-
regel auch nicht die entfernteſte Veranlaſſung gegeben, daß v. Iyuſtein
und Hecker in Berlin jeden weitern Verkehr vermieden.

Es geſchah dieſe Landesverweiſung ohne rechtlichen Grund,
ohne rechtliches Gehör, ohne Urtheil und Recht, gegen die bundes-
gesetzlichen Beſtimmungen, unter (Hintansetzung) des Schutes, dcn der
Staat Baden noch im Auslande ſeinen Bürgern gewähren muß.
Wir erinnern dabei noch daran, daß der sel. Rotteck und später (im
. I. 1839) v. Juyſ=ſtein bei einer Reiſe durch die . öſterreichischen
Staaten von der dortigen Polizei nicht nur nichts Unangenehmes
zu erdulden hatten, sondern namentlich von den Wiener Behörden
mit beſonderer Zuvorkommenheit behandelt wurden...

§§ Narlsruhe, 30. Mai. Die Fortweisſung unſerer beiden
hochgeseierten Volks-Abgeordneten v. Itz ſiein und Hecker aus den
preußiſchen Staaten hat auch hier den größten Eindruck gemacht, und
insbeſondere der Kern des Bolkes, die gewerbetreibende Bürgerſchaft,
ſprach sich gegen diese polizeiliche Maßregcl. aus.

' HJInzwiſchen rechuct man hier auf baldigen günstigen Erfolg der
Schritte unserer Regierung und der öffentlichen Meinung die doch
überall in Deutjſchland sich gegen diese Maßregel ausspricht.

Karlsruhe, 28. Mai. (Oberrh. Z.) Das Tagesgespräch
iſt hier die Ausweiſung v. It ſtein’ e und Hecker’s aus Berlin
und Preußen, die großes Aufſeßhen macht. Man errinnert ſich dabei
her Reiſe v. Rottecks nach Oesterreich und seiner Aufnahme in Wien,
wo er seloſt bei dem Fürſten Vietternich Audienz ergielt. Berglei-
chungen aller Art bleiben nicht aus. j

t Karlsruhe, 27. Mai. Bei der geſtrigen Wahl eines erſten
Bürgermeiſters der Reſidenz fiel die Stimrzenmehrheit – 130 von
136 — auf unsern bisherigen Bürgermeiſter, Füeßlin, ver neulich
auth durch eine freundliche Gabe ſeiner Mittürger geehrt wurde.

*g* Heidelberg, 29. Mai. VBorgeſtern wurde unserm mit
großer Stimmenmehrheit erwähltrn erſten Bürgermeister, .- Vater"
Winter, ein höchſt feierlicher Fackelzug gebracht, den treffliche Musik
und unser ausgezeichneter r Liederkranz", wie ernstes, tiefgefühlies Män-
herwort verherrlichten. Hr. G. Kodhlyagen hielt im Namen der Ber-
ſammelten die Anrede an den freigefinnten rüſtigen Greis, der ſtets
und besonders in den letten Jahren um die Gemeinde ſich verdient
machte, der dazu eifrigſt mitwirkte, daß der Begriff des Bürger-
th um s" in Kopf und Herz unserer M tbürger immer mehr zur that-
kräftigen Wirklichkeit gelangt, dem das neue Amt bet seinem hohen

Alter zwar, wie der Redner sagte, eine schwere Bürde wäre, aber

durch die wachsende Cinigkeit der Bürger und ihre durch die Wahl
glänzend dargelegte Zuneigung zu ihm erleichtert werden wird. Das
vebehoch auf den erften Bürgermeiſter ward zum ſtürmiſchſten Jubel.
Winter dankte, mächtig ergriffen. Nicht mir gilt, sagte er, was
Sie mir bieten, ſondern der guten Bürgergeſinnung, meinen Collegen
im Gemeinderath, im kleinen Ausschuß und im großen. Ich müßte
beſchämt sein gegenüber von diesen, wenn ich nicht mir meines auten
Millcns bewußt wäre. Schon bei der Wahl wäre dieses Gefühl bei
mir cingetreten, hätte ich mir nicht sagen müſſcn: es iſt die Liebe
und das Vertrauen, die dich zu dieser Stelle erhoben haben. Ja,
ſiîe haben mich erhoben bei dem Kampfe mit mir selbſt und mit An-
bern. Ich sagte mir, die ſtädtiſchen Behörden werden dich unterſtützen
und Lelehren. Rechtes gesetzliches Hardeln und Walten, Eintracht
î YUnd Vertrauen führen zum Zwecke, den wir eixeichen wollen, um Recht

und Freih eit za erringen. Vor Allem lob: ich die Bürger-

utſinnung, denn durch ſie werden wir am Crſten unſer Ziel erreichen.

1. Juni

Bringen Sie mit mir ein Hoch der Eintracht, dem Rechte,
der Wahrheit und Freiheit! " Arndts „ W a s i ſt des
Deuts < en Vaterland. folgte jenem lebhaften Hochz
begeiſtert sang es der Liederkranz, und diesem dankte Vater Winter,
indem er zugleich dem ganzen Vaterlande ein Hoch brachte. Hierauf
wurde das Lied auf Winters Wahl gesungen, und mit einem wei-
tern Toaft auf ihn begann der Heimzug. Auf dem Ludwigsplatze
verbrannten die Fackeln, wo wir uns auch nach dem Rauſchen
des zweiten besondern Feſtliedes „Frisch auf, friſch auf mit Sang
und Klang“ in Freude trennten. Fürwahr, es war ein ſchöner Abend
und wobl ehrten wir uns selbſt, indem wir Hrn. Winter, diesen
wackern Vertreter und Verfechter des Bürgerthums, hochehrten!

Berlin, 26. Mai. (Weser-:Z.) Nachrichten aus den unteren
Donaugegenden zufolge iſt die von dem preußischen Conſulate zu G a-
la ez in Vorschlag gebrachte Anlage eines großen Z oll ver einsd e-
pots in dem genannten Orte jetzt gesichert, indem hinreichende wBeld-
mittel dargeboten sind, um mit den nolhwendigen Baulichkeiten sofort
zu beginnen. Daneben beabjſichtigt tas Consulat noch die Anlage
von Schiffswerften, und man erwartet an der Donau Zimmerleute
aus Stettin und Danzig, welche den Bau von einigen Kauffahrtei-
schiffen übernehmen sollen. Es ſind die günſtigſten Aussichten vorhan-
den, daß der vercinsländiſche Handel an der Weſstküſte des ſchwarzen
Meeres bald feſten Boden und eine weite Ausdehnung gewinnen werde.
Um aber dieses glückliche Resultat zu erzielen, genügt es nicht, daß
die amtlichen Bertreter der vuaterländiſchen Intereſſen alle wögliche
Sorge darauf verwenden, Absatzwege aufzufinden, den Verkehr zu ver-
mitteln und das Eigenthum, so wie den Gewinn der hiesigen Kauf-
leute sicher zu stellen; der Harptimpuls muß immer von unserm han-
deltreibenden Publikum selbſt ausgehen, und leider walten in dieser
Beziehung noch mancherlei woh!begründete Klagen ob. Wir berichteten
seiner Zeit, daß einige Sendungen inländischer Artikel, besonders Lei-
nenwaaren und fertige Kleider in Bulgarien lebhaften Abſatz und gute
Preise gefunden hätten, und daß in Folge deſſen sogleich noch größere
Transporte derſelben Gegenſtände nach den Donaumündungen abge-
gangen seien. Dieſe Waaren sind richtig am Beſtimmungsort ange-
langt, aber wie der unselige Spekulationsgeiſt sich nur zu häufig
von den Cingebungen eines niederen Egoismus leiten l:ßt, so hat
denn auch im gegenwärtigen Falle die Begierde eines leichten
und großen Gewinnes namentlich ein Berliner Handlungshaus
dazu verführt, ganz miserable Waaren einzusenden. Statt der
bestellen leinenen Wäſche iſt mit Baumwoüe untermisſchte Leinwand
angekommen und die fertigen Kleider sind so schlecht im Schnitt und
in der Naht befunden worden, daß fich nur mit großer Mühe Käu-
fer zur Arnahme gemeldet haben. Dagegen werden dieſclben Gegen-
ſtände diesen Augenblick von Wien in unvergleichlich beſſerer Quali-
tät geliefert und finden den willigſen Abſaz. Scheint es doch als
wollten einige Zweige unserer Industrie sich von manchen Mängeln,
die augenscheinlich mehr und mebr ihren Untergang vorbereiten,
gar nicht losmachen.
lich gewesen, hüten wir uns , diesen schönen Ruhm und mit ihm un-
sern Crerit im Handel und Wandel zu verlieren, welche Gefahr lei-
der in neueſter Zeit bei mehrfachen Veranlaſſungen sich als sehr nahe
drohend dargestellt hat. j

Königsberg, 23. Mai. Die „Königsb. Ztg., enthält folg-
gende von Hrn. D. Jacoby eingesandte Bemerkungen: „Wenn eine,
1m Namen der Gesellſchaſt mit der Cinsezung der Rich ter beauf-
tragte Regier ung einen Bürger zu diesem erhabenen Amte beruft,
ſpricht se: „Das Organ des Gesetzes sei leitenſchaftslos wie dieses.
Alle Leidenſchaften werden dich umtoben; laß sie nimmer deine Seele
ſtören! Wenn meine eigenen Irrthümer, die Eindrücke, welche mich
belagern und vor denen man ſich ſchwer gunz wahrt, mich zu unge-
rechten Befehlen hinreißen, so gehorche meinen Befehlen nicht, wider-
stehe meinen Berlockungen, widerſtehe meinem Dräuen. Setzeſt du
dich zu Gericht, so wohne nicht Furcht, nicht Ho ffung im Grunde
deines Herzens. Sei leidenſchaftslos wie das Gesetz! –~ ~– Der
Richter antwortet: Ich bin nur Mensch, und du forderſt von mir
Uebermenſchliches. Du biſt zu mächtig und ich bin zu schwach. Ich
muß in dicſem ungleichen Kampfe unterliegen. Du wirſt meine
Gründe zum Widerſtande, den du mir heute zum Geſeyß machſt, ver-

Deutsche Ehrlichkeit iſt von je her sprichwöre.


 
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