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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 329 - No. 358 (1. Dezember - 31. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#1453

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1845.





Deutfſchland.
_ v Mannheim, 15. Dez. Der „Beobachter- in Württemberg
ſieht sich unsere Verhältniſſe an wie folgt: Die Dirge im Badi-
ſ < en werden immer kritiſcher. Die Sitzung rom 9. Dez. war die
ſlürmischſte, welche je das Ständehaus gesehen. Es war eine förm-
Iiche Schlacht, und der Präfident nicht mehr im Stande, Ruhe her-
zuftelen. Die Oppofiition beſitzt die Majorität, wie ſich ſchon bei
ber Ueberlinger Wahlprüfung zeigte, entſchicden. Es wird nichts
Anderes übrig bleiben, als daß die Regierung entweder ihr Syſtem
ändern, oder aber dieſen Landtag auflöſen muß. Eine Auflöſung
aber wäre ohne Zweisel nur ein neuer Zug an der Sturmglecke (!) und
. R c Ls ſszs:
- . . 11 ,
Wothenſchrift für Politik, Literatur und öffentliches Gerichtsverfahren
macht folgende beklagenswerthe Mittheilung; Wie mehre Zeitungen
mielben, hat nun auch (ebenſo wie die preuſſiſche Regierung) die
mecklenburg-ftr eli tz i < e Regierung ein Verbot des Herold und der
Deutschen Monatsſchrift in ihren Landen erlaſſen. Da der Herold
unsers Wiſſens noch niemals die Verhältnisse tieſes Großherzogthums
berührt hat, ſo büßt er wahrscheinlich nur für die Schuld der Monais-
ſchrift mit, wie in andern Fällen diese für die ſseinige. Es gehört
nämlich zu den neueflen Verschärfungen d s Preßzwanges in Deutſch-
land, daß man nicht mehr blos das einzelne Piotukt eines Schrift-
flellers für ſich büßen läßt, sondern eine Art solidariſcher Schuld und
BVerantwortl:chkeit zwischen allen literarischen Publikationen einer und
derſclben Personen annimmt. So in dem vorliegend.n Falle, so u. A.
bei dem Buchhändler Gerhard in Danzig, den man, unter Andrehung
mit Konceſſionsentziehung, zwang, in dem von ihm verlegten „Dampf-
boot- eine Wibrrlegung gezen eine bei ihm herausgekommene Bro-
ſchüre aufzunehmen. Uebrigens waltet in dem vorliegenden Falle
noch ein eigenthümliches Mißverftändniß ob.

Die Artikel nämlich, welche in der Monateschrift (Sept. + Nov.
1845]) über Mtcklenburg eiſchiznen und wayhrſcheinlich den Grund zu
dieſem Verbote gegeben haben (obſchon sie sehr ruhig und sogar für
die Regierung ſehr wohlmeinend abgefaßt waren) bezogen sich eigent-
lich vorzugsweise auf das Großh. Echwerin und waren urſprünglich
auch demgemäß überſschrizben. Da jeroch dem Herauégeber dieſer
Stoff in dieſer Weiſe gar zu eng erschien und das meifte in der Ab-
handlung auf das grsammte Mecklenburg paßte , so strich er diese be-

schänkende Beziehung und sette blos: Mecklenburg. Daß nun ge- H

rade in Strelit man sich durch ten Auffatz verletzt fühlte, der cigent-
lich auf Schwerin bcrechnct war, iſt eine jener kleinen Ironien des
Zufalls, der auch auf dem Gebiete der Preßpolizci und der Cenſur
ſein neckiſches Spiel treibt.

Freiburg, 10. Dez. (Schw. M.) Wie wir aus ficherer
Duclle hören, hat drr Erzbiſchof ſceine Erklärung auf die neuliche
Miniſterialverordnung übrr Trennung der gemischten Ehen bereits an
die großh. Regierung nach Kailsruhe abgegeben. Sie ift der Lage,
in welche sich der Kirchenprälat verſctt hat, angemessen. Er reſig-
nirt für ſeine Person auf writere Schritte in dieſer Sache und legt
dieſelbe dem päpfilichrn Stuhle zur Entscheidung vor. Damit ift
man zu dem Punkte gckommen, mit welchem man kirchlicherseits am
Beſten gethan hätte: anzufangen. Die badische Regierung kann nun
ruhig den Folgen entgegensehen; sie ftrhen lidiglich in ihrer Hand
oder in der Conscquenz ibres Benehmens.

Freiburg 10. Dezbr. (Oberrh. Ztg.) Es iſt bereits erwähnt

roorden, daß kürzlich hier eine Schrift, die den Titel führt : Herbst-
blätter für die Zeit, die Zeitlichen und Zeitigen- erſchienen
'iſt, die einen nbadischen Jesuiten, (die öffentliche Stimme nennt den
Hr Eremites) zum Verfaſſer hat. Es lohnt ſich nicht der Mühe,
ſich in eine Beurtheilung dieses profanen Machwerkes einzulassen;
'der Geiſt deſſelben charakteriſirt sich hinlänglich, wenn wir aus dem
fünften Artikel, betitelt: „Wie iſt die Tagespresse von ihrer radikalen
Zerrüttung zu heilen!?. einige Stellen herauszuheben. Der Ver-
faſſer ſagt: „Uns ſteht die Wahrheit feſt: in Staaten, die ein Fürſt
ot von Gottes und nicht von der Revolution Gnaden im recht
[| en Anrecht seines Hauſes regiert, soll die Regierung nie unbe-
U tre Preßfreiheit gewähren. Der Censſur wird alſo das Wort
; jerebet, wie wir gleich näher nachweiſen werden. Der Verfaſſer

fragt: „Wer aber hat die Censur eingeführt? Der Papſt. Schon
Das hätte euch als gute Katholiken längst ſtußig machen (sie!) ſol-
len. Der Papſt hatte bald nach der Erfindung der Buchdrutker-
kunst die Zweideutigkeit ihres Segens erkannt, die Doppelſchneide
dieser Waffe. Er wollte der großen Erfindung ihren Segen bewahß-
ren, den Unsegen aber fern halten; zu diesem Behufe schuf er die
Censur.» ~– Dann fährt derselbe fort: „Wer hat nun das Gött-
lich- und das Staatlich - Poſitive vor seiner Entſtellung durch [ die
Presse zu schützen? Lediglich die Behörde, die es zu verbürgen hat,
alſo die Kirchen- und die Staatsregierung. Die Kirchenobrigkeit
thut es durch die kirchliche und sittliche Censur, die weltliche Obrig-
keit durch die ſtaatliche Censſur. So war es früher. Hat der Wan-
del d'r Gesittung hierin eine Aenderung bewirkt? Durchaus nicht.
Im Gegentheil, die Feindseligkeit unserer Zeit gegen jedes Poſitive
macht diesen Schuß nur um ſo nothwendiger.-

Nachdem sodann umſtändliche Vorschläge zur Organisirung der
Journalistik und des Censurwesens gemacht werden, worin die craſſe-
sten Verkehrtheiten, die nur aus dem verbrannten Gehirne eines
modernen Jeſuiten hervorgehen konnten, durch deren Aufführung wir
die Geduld der Lefer nicht ermüden und ihnen lange Weile und
Ekel verursachen wollen, schließt der Verfaſſer seinen Artikel mit
folgenden Worten: -Die Censur als solche iſt von Gott und Rechts
wegen, ſie 1ſt eine Freundin der Wissenschaft, der Bildung und der
Freiheit. So hat sie früher und jetzt die Kirche verſtanden. Merkt
euch das, ihr Katholiken der Rheinlande und Schwabens ; man
muß nicht aus der Enge der Noth, sovdern von der Höhe norma-
ler Zuſtände urtheilen: der Katholik darf nie Dem mißtrauen, was
die Kirche gestiftet und erhalten hat. Die Cenſsur soll aber nicht
bkoß das Schädliche abhalten, ſie soll auch das Volk erziehen. +
Eine solche Cenſur begrüßen wir als einen wahren Rettungsanker
in der Gegenwart, für unser deutsches, für unſer badiſches Vater-
land. Daß ſie sür 1 ns in Bakten eine wahre Nothwentigkeit iſt
das zeigen unsere öffentlichen Zuſtände.sn Hört! Hört!

Diesen Aufsatz hat das hiesige jeſuitiſche Kirchenblatt, welches
denselben in seine Spalten aufgenommen, zu dem ſeinigen gemacht,
~ Wohin die Partei, deren Intereſſjen dieses Organ vertritt, ſteuert,
würde zur Genüge aus deſſen Apologie hervorgehen, wenn feine
Tendenz nicht schon in anderer Hinsicht ſich hinlänglich geoffenbart
hätte. Auf dem Standpunkt der Hierarchie, welche jenes Institut
egen den Anfang des ſechszehnten L ahrhunderts zur Stütze ihrer
ſinkenden Weltherrſchaft erfunden hatte, und die von dem berüch-
tigten Papſte Alexander Vi., dann von Leo X. vervollkommnet und
darauf, unter den weltlichen Regierungen von Philipp Il., König von
Spanien, zur Befestigung seiner Union des geistlichen und weltlichen
Despotismus, ausgebildet wurde, sollen wir zurückgebracht und so
dem unaufhaltſam vorwärtsſchreitenden Menſchengeiſte neue schmath-
volle Feſſeln angelegt werden. Zurück! iſt das Loſungswort jener
Partei, zurück in die Grabesnacht des köhlergläubigen Mittelalters,
das nur Herren und Knechte kannte, zurück in die herrliche Zeit der
Willkürherrſchaft und der Hierarchie! Alle bisherigen Beſtrebungen
des ſich ſelbſt bewußten menschlichen Geiſtes, sein Ringen nach den
edelſten Gütern, sein reger Trieb der Forschung im Dienste der Wiſ-
senschaft, behufs des nach ihren Ergebnissen zu geſtaltenden Lebens, sollen
fortan maßlos gehemmt, das Reich der Wahrheit vernichtet, jenes der
Finſterniß neu befeſtigt, Aberglauben und Dummheit nach einem
von jener Partei förmlich gehegten und sorgfältig gepflegten Plane
auf den Altar erhoben und die mündig gewordenen Völker unter
staatlicher Vormund'chaft am hierarchi'chen Gängelbande geleitet
werden! Ein erhabenes Bemühen der Partei, des ultramontanen
Kirchenblattes, würdig seiner und seiner Leiter und Führer!

+ Aus dem Odenwald. In allen Kreiſen erregen auch bei
uns die Verhandlungen der 2tcn Ständikammer tie tethaft:fte Theil-
ratme. Einen unbeschreiblich n Eindruck hat namentlich tie Rede
Wielck.rs in ter Sitzung ucm 9. Dez. auf di: Bürgir hcrvorgeiijen,
vinen Eindruck, den manch.r Beamte, der die odenwäider Deputirten-

wahl zu Sia: de bringen half, vertilgen mös!e, — aber vergebens.

E.ner Menge von Bürgern föllt es, wie Schuppen, von den Auzen ;
es wird ibnen klar , auf w.lezcr Seite ter Kammir ivre ſtaatrbür-
gerlichen Rechte wa hr h aft geſchügt und für die Rettung, Erhal-


 
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