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Mannheimer Abendzeitung — 1845

DOI Kapitel:
No. 299 - No. 328 (1. November - 30. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#1351

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| Deutſchland.
* Mannheim, 22. Nov. Unsere Nachricht über die feierliche
Eröffnung des bad. Landtags iſt dabin zu berichtigen, daß diese erſt
am Montag, 24. Nov. statt finden wird. Auch ift noch nicht genau
beſtimmt, daß der Großherzog ſie nicht in Perſon vornehme. Heute
findet die gewöhnliche Vorberathungsfigung ſtatt, d. h. es werden der
Alterspräſident und die „Jugend-Sekretäre- für's provisorische Bu-
rteau der Kammer ermittelt und etwa eine Deputation erwählt,
welche den Großherzog zur feierlichen Kammereröffnung begleitet.
In Betreff der noch ausftehenden Wahlen — nichts Neueres!
Mannheim, 18. Nov. (Oberrh. Z.) In der Einladung des
Bürgermeifteramtes zu der auf morgen anberaumten Verſammlung
des großen Ausſchuſſes wird als Gegenſtand der Berathung bezeich-
net: der von S4 hieſizen Bürgern geftellte Antrag, einen Gemeinde-
ſchluß über die beiden Fragen zu erheben: 1) Sollen die von den
hieſigen Polizeibehörden angegebener Maßen verübten Eingriffe in die
verfaſſungsmäßigen Rechte der Einwohner Mannheims als Gemein-
deſache behandelt werden? 2) So!l eine Eingabe an das Großher-
zuzliche Staatsminifterium , und falls dieſe erfolglos bleibe, an die
zweite Kammer der Ständeversammlung gerichtet werden, um eine
durchgreifende Abhülfe gegen die angegebenen Rechtsverlegungen zu er-

wirken, welche die aenannten Behörden sich haben zu Schulden kom-

men laſſen? Die Einladung iſt gedruckt und unter die Mitglieder
des großen Aussſchuſses vertheilt worden, auch unter den Bekannimachun-
gen in der Abendzeitung. (ohne Cenſur) erschienen, im Journal dagegen
von dem Censſor zweimal geſtrichen worden. In der heutigen Sitzung
won Gemeinderath und engerem Aueſchuß wurde ein Erlaß der Kreisre-
gicrung eröffnet, wonach die Versammlung des großen Ausſchuſſes
verboten wird. Dem Vernehmen nach soll das Berbot sich auf
den §1 6 der Gemeindeordnung fslützen, welcher ſagt: „Jede Gemeinde
hat das Recht, die auf den Gemeindeverband sich beziehenden Ange-
legenheiten zu besorgen und ihr Vermögen sclbftſändig zu verwalten...
Es ift nicht wohl abzasehen, wie eine Polizeiftele auf den Grund
dieses Paragraphen eine Versammlung des Ausschusses verbieten kann,
wenn zunächst berathen werden soll, ob ein Gegenftand als Gemein-
deſache zu behandeln sei oder nicht, zumal da nach Paragraph 38
Ziffer 5 eine solche Versammlung ftattfinden muß, wenn auf den An-
trag emer Anzahl von Bürgern, die der Zahl der Mitglieder des
Gerweinderaths und des Ausſchuſſes zuſammengenommen gleichkommt,
im Namen und aus Auftrag der Gemeinde eine Vorſtellung an die
Ständeversſammlung oder die Staatsbehörden gerichtet und die Ge-
meinde um ihre Zustimmung vernommen werden ſoll. In der Ue-
berzeugung, taß es sich hier darum handle, das Gesetz urd die koft-
barflten Rechte der Gemeinde gegen einen Eingriff der Polizeiſtellen
zu schien, baben hierauf Gemeinderath und Ausſchuß einftim mig
beichloſſen: die Verſammlung sei dennoch abzuhalten, die Thüre des
Saales, falls sie verſchloſſen worden, durch einen Schloſſec geöffnet
und nur der Gewalt nachgegeben werden. ;
_ WMaeannheim, 19. November. Morgens. (Oberrbh. Ztg.)
Die Schelle verkündet die Einladung. Ich eile auf das Rathhaus.
Die Bürger find einmüthig, das Gesetz zu vertheidigen. Bewaffnete
Gensd’armen ziehen durch die Straßen. Bald. mehr.
. dWMirannheim, 19. November. (Oberrh. Z.) Heute Morgen
. halb zehn Uhr versammelten fich in dem Rathhauſe die Mitglieder des
ÖGemeinderathes und engern Ausſchuſſes, auch viele Mitglirder des
großen Ausſchuſſes , um sich von da nach dem Aulaäsaale, wo die
Berſammlung des großen Aussſchuſſes ftatifinden sollte, zu begeben.
Im Rathbauſe erfuhr man, daß der erfte Bürgermeifter , Hr. Jolly,
auf das Stadtamt geladen und ihm dort eröffnet worden war, daß
es bei dem Verbote der Versammlung sein Bewenden behalte; daß,
wenn ſie dennoch gehalten werden sollte, ſie mit Waffengewalt aufge-
löst werden würde. Der erſte Bürgermeifter wurde für verantwort-
lich erklärt und ihm angedroht, daß nach §. 23 der Gemeinde- Ord-

_. nmung gegen ihn wrde verfahren werden. Hierauf erklärte Hr. Bür-
&. eermeiſter Jolly: die Verſammlung sei nach dem Geste berufen, das




fxdot sei geſegwidrig. Der g. 23 der Gemeinde-Or:nung, welcher
' „é4 Wlkürlichkeiten, Dienſtnachlässigkeiten und Ungehorſam gegen
/ uftändig e Verfügungen und Anordnungen ber Staatsgewalt handle,
Êſinde auf ihn keine Auwendung, da er derm Beſchluſſe der Gemeinde-

>

behörde folge. J Er werde die Verſammlung halten, nur
der Gewalt weichen und abwarten, was über ihn ergehe.
~~ In einer kurz vor zehn Uhr abgehaltenen Sitzung des Gemeinde-
raths und engern Ausschuſſes wurde das Protocoll vorgeleſen und
beschlossen, nach dem Verſammlungsorte zu ziehen und nur der Ge-
walt zu weichen; was dem Bürgermeiſter begegne, werde vie Ge-
meinde als ihre Angelegenheit betrachten. Von Morgens frühe an
war durch die Schelle verkündet worden, daß die Berſammlung des
großen Aussſchuſſes ftattfinden werde. Bald nach 10 Uhr ſetzte ſich
der Zug vom Rathhauſe nach dem Aulasaale neben der Jesuitenkirche
in Bewegung. Ernst und schweigend schritten die Mitglieder der
fiädtiſchen Behörden, der Bürgermeiſter voran, durch die Straßen.
Vor dem Gebäude, in welchem fich der Aulasaal befindet, hatte ſich
eine Menge Bürger versammelt. Sie zogen die Hüte vor ihren
Vertretern; es war eine ftumme Huldigung ?c. ~ Am Fuße der Treppe,
die zum Saale führt, trafen die Eingetretenen den Polizcicommiſſär
Hoffmann mit einem Gensdarmen und zwei Polizeidienern, der ihnen
das Verbot der Versammlung vorlas. Auf die Frage des Bürger-
meiſters und des Gemeinderaths Dr. H e > er, ob er beauftragt ſsei,
falls man den Saal betrete, Gewalt anzuwenden, oder ob, nachdem

der Saal betreten ſei, Gewalt angewendet werdcn sollte, entgegnete

der Commiſsär, so weit gehe seine Inftruktion nicht, er habe in die:
sem Falle lediglich dem Stadtdirektor Meldung zu machen. Nach

einigem Hin- und Herreden, wobei insbesondere bemerkt wurde, daß

hier die Gemeindebehörden als solche anwesend seien, eine Widersetz-
lichkeit aber von Seiten der Polizei gegen fie geübt werden wolle
ſchritit man vorwärts. Die Mitglieder des Gemeinderaths und des

engern Ausſchufſ.s nahmen ihre Plätze auf der Eftrade, die Mitglie-

der des großen Ausſschuſſes ihre Sitze ein; der für die Zuſchauer be-
stimmte Raum füllte fich mit Bürgern. Auf der Gallerie waren
viele Frauen Zeugen, wie ihre Männer sich benehmen würden. -
Der Polizeicommiſſär eröffnete nochwals das Verbot; auf die wieder-
holte Frage, ob er Gewalt brauchen wolle, erwiderte er, daß er nur
aufgefordert habe, den Saal zu räumen. Der Bürgermeifter erwi-
derte, daß man sich der Aufforderung nicht fügen werdre. Der Cow-

miſsär zog ſich zurück und die Verhandlunz begann mit dem Nu

mensaufrufe. Nachdem sich herausgeftellt hatte, daß die gesetzliche
Anzahl von Mitgliedern anwesend sei, trug Hr. Bürgermeiſter Jolly
den Gegenftand der Berathung vor und tas Ausſchußmitglied Dr.
E. Eller verlas den von Gemeinderath und Ausſchuß genehmigten
Vortrag, welcher die ganze Reihe von Beſchwerden gegen die verfas-
sſungs- und gesetzwidrigen Eingriffe der hiesigen Beamten in di- Rechte
der Bürger aufzählte. Bald wurde er durch den Eintritt des Stadt-
directors Riegel und des Genedarmerie Commandanten unterbro-
<en. Stadtdirector Riegel forderte nochmals zum Auseinandergehen
auf, wndrigenfalls der Saal durch die öffentliche Gewalt werde ge-
säubert werden. „Wir wollen’'s abwarten!-- war die Antwort, und
der Sladtdirector entfernte fich. Bürgermeifter Jolly ermahnte die
Bürger, sich unter atklen Umftänden rubig zu verhalten, was schon
ihre Würde verlange; er werde den Staatsbeyörden im Namen Aller
antworten. Dr. Eller fuhr fort zu leſen, während Trommelſchlag,

Commandoworte, Aufftoßen von Gewehren und Hufschlag der Pferde

das Herannahen der bewaffneten Macht arkündigten. ;

_ Ein Schrei der Entrüßung unterbrach die Stille, wurde aber
schnell durch die Mahnung des Bürgermeiſters, des Gemeinderaths
Hecker und des Ausschußmitgliedes v. I ß ſtein zur Ruye beſchwich-
tigt. Regierungsdirector Scha aff, begleitet von den Arfährern der
Truppen und der Gensd'armerie, stürzte nämlich in den Saal
und gebut dem Dr. Eller augentl:>lich einzubalten. Die Auf:
ruhracte wurde vom Polizeiaſſesor Müller vel sen, und auf das
Zureden des Bürgermeifters , daß Jeder fich Hill enifernen möge, trennte
ſich die Verſammlung mit Gefühlen, deren Beschreibung Sie mir er-
laſſen werden. Draußen erwartete die Bürger ein eigenes Schauſpiel :
Vor dem Saal ftand ein Commando Solt:agten, denen Patronen zu-
getragen wurden. Der Gang war von ÖGensd’armen besetzt. Die
Ausgänge der Straßen waren von Infanteri- und Dragontirn gesperrt.
Aut den nächſtgelegenen Plätzen ftanden Reserven. – Ein? Deputation
der Gemeindéibehörden, beſtchend aus Hrn. Bürgermiifter Jolly un-

ven HH. Artaria, Eller, Hecker und Klei. ging ſogleich nach. Karlse


 
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