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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 207 - No. 237 (1. August - 31. August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0989

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Nusland erhöht sich das
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aufschlag.

Freitag



Nannheimer Abendzeitung. &..:

29. Auguſt

Inserate diegeſpaliens
Zeile in Petitſchrift over
deren Raum 3 kr. JInfse-

Raum 4 kr. + NYriefe
und Ee!s rttiet man

1845.



Deutſchland.

* Mannheim , 27. Auguſt. Nach Köln's Beispiel iſt auch
von Aachen eine krästig motivirte Petition um baldige Ertheilung
einer neuen Gemeinde- Ordnung an den König ergangen. Die Pe-
tenten erinnern an bie früheren königl. Verheißungen einer mit Erwä-
gung des Gutachtens der rheinischen Stände abzefaßten Communal-
Ordnung und fahren dann fort: „Da sich inzwischen das Bedürf-
niß nach einer angemeſſenen Communal-Ordnung immer mehr heraus-
ftell, va man immer mehr einsieht, daß die von den Rheinländern
durch das Organ der Stände erbetene weitere Aus bildung der
Verfassung nur dann segensreich gedeigen wird, wenn ein selb ſ-
ſtändiges Gemeindewesen beſteht, in welchem sch Thätigkeit,
Bürgerſinn und Baterlandeliebe auch im Kreise des Gemeindelcbens
zu entwickeln vermögen, so glauben die unterzeichneten Bewohner von
Nachen nur im Sinne von E. kön. Maj. erhabenen, im Jahyhre
1842 am Rhrine kund gegebenen Ansichten zu handeln, roenn sie
ſie um baldige Berleihung einer angem senen Communal Ordzuung
bitten Gleichheit der Gemeinde-Ordnung für Stadt und Landge-
meinden, Berechtigung zur Wahl und Wählbarkeit für
alle Gemeinde-Mitglieder, welche durch V rmögen, Geschäfte
und sociale Stellung die hinreichende Garantie der Ordnung und
Cinsicht darbieten, freie Wahl des Gemeinderathes und der
Bürg ermeiſter, O effentlichkeitder Communal- Verhandlungen und
S elbſtſtänd igkeit der Commune ſind die Prine ien, welche im Ein-
klange mit dir hier Statt gehabt:n hiſtoriſcthen Entwickelung und den
hier beſlehenden Rechts- und Kulturverhältnissen in den Rheinlanden
als die zweckmäßige Baſis einer Communal-Ordnung bietrathtet
werden ee. :

(*) Gondelsheim bei Brelten, am 25. Auzeſt, Vormittags
11 Uhr. Soeben wurde tas Reſultat ter am heutigen Tage vor-
genommenen Bürgermeiſterna;l bekannt gemacht. Der bisherige Bür-
germeiſter, Herr Walter, wurte wieder einsi mmi g gewählt, indem
von 60 anweſenvden Waylbrrechtizten 59 Stimmen (seine eigene aus-
genommen) auf ihn fi.len. Watlumtr. be fanden keine ftatt, und
man war von deſſen Wiedererwählung ſchon im Voraus überzeugt,
da sich derſclbe während ſeiner bjährigen Dienſtzeit das Zatrauen ſet-
ner Mitbürger in hohem Grade erwarb. Auch iſt an deſſen Beftä-
tigung von Seiten ver gräflich von Langenſteinſchen Grundherrschaft
wohl nicht zu zweifeln.

+ Oberkirch, 23. Aug. Gestern feierten wir hier den 27ten
Jahrestag unserer Berfaſſang bei feſtlichem Mathle in einer freiſtehen-
den gedeckten Halle, welche, mit Reifig und Laubkränzen geschmackvoll
geziert, zweihundert Gedicke faßte. Oberhalb d:xr Rednerbühne war
das Blloniß iyrcs Stifters cit, des ESroßtcerzogs Karl, von jnen
unserer wackeren Abgeordneten umgeben, angebracht. BVi:le Wohnun-
gen der Stadt waren mit Blumenguirlancen geschmückt, und aus
manchem Hauſe flaggte die dadiſche Fahne.

Von Nay’ und Ferne fanden fich Feſttheiln!hmir ein; insbeson-

dere zahlreich aus Offenburg, wo sich zur Ehre der dortigen Bürger-
ſchaft seit Jahren ein reger kräftiger Gciſt entfaltet, der alten Zopf-
zeit muthig sich entreißend, und feste Liebe am öffen:lichen Leben be-
urkundend, welche den Menschen wie den Bürger in die Reihe der
wackrren Mäuner stellt, die zu gemeinſchaſtlichm Zusammenwirken
berufen ſind, auf gesegzlichem Wege die Baterlandsli.be zu wecken, zu
ſtärken, und so den Staat im Juuern zu kräftigen und bei dem Rus-
lande sich Achtung zu verschaffen. Auch die Städt: K e h 1 und
Rheinbischoffs heim waren würdig präs.ntirt. Selbſt Freiburg
War vertreten. Mit den vielen Bürgern vom Lande, welche unge-
achtet der dringenden Feldgeſchäfte in gegenwärtiger Jahreszeit bei-
wohnten, zählte die Virſammlung mchre Hunderte von Männern. Die
ganze Halle war gedrückt erfüllt.
[! Eine erhabene Weihe erbiclt das Feſt durch die Anwesenhcit un-
ſeres geliesten Vaters Itzſtein, des rüfltigen, unermüdlichen Bür-
gerfreundes, des Licblings aller äctten Patriotenfreunde. Diese Liebe,
diese Anhänglichkeit an den würdigen Greis, ift keine erkürſtelte,
erheuchelte oder scheinbare, sie iſt eine natürliche, viclverdient:, eine
wahre und wirkliche, deßvalv auch herzliche, offene, innige und un-
veriilgbare. Aber tabin rträngt auch jeder Schritt, jede Hantlung
des offenen anspruchloſcn Eyrenmannes.

Der Geiſt, der das Feſt durchwehte, war ein gesunder, frischer.
Aller Trinksprüche sprachen es aus, und Jeder gelobte sich laut und
in seinem Innern, treu und feſt an der Verfaſſung zu halten, aber
ſich nicht mit dem todten Buchſtaben des Grundgesetzes einschläfern zu
laſſen, sondern demselben Odem und Leben einzuhauchen, damit es
auch die Blüthen und Früchte trage, die .§ z. bringen und zu spen-
den gegeben wurde. Jeder sah es ein, daß durch Läſſigkeit und

Gleichgültigkeit des Bürgers am ftaatlichen Leben eine höhere Voll-
kommenbeit in unſere Staatseinrichtungen nicht zu bringen iſt, weil

diese sich immer nach der größeren oder geringeren Mündigkeit des
Volkes richten werdenz ein Volk aber, das für seine Rechte und Frei-
heiten todt, mehr einer Maschine als Bürgern und Mitgliedern einer
ſtaatlichen Gesellſchaft gleicht, eine solche Maschine aber nicht nur
keinen eigenen, sondern gar keinen Werth hat.

Wie anders, wo der Bürger seine angebornen und ihm ſelbſt
gesetzlich garantirten Rechte kennt, seinen eigenen Werth erfaßt, ſieh
zur Selbſtfländigkeit empor ſchwinzt und ſich durch die kräftige Ent-
faltung seiner Rechte und Freiheiten, auch ſeinen innern Werth, seine
Selbſtſtändigkeit zu wahren verſteht. Nur im Beſitze solcher Eigen-
ſchasten ift ein gedeihlicher Fortschritt in Kunſt und Wissſenſchaft, in
Handel und Gewerbe, ein Emporblühen der öffentlichen Zuſtände,
und ein Heranwachsen zur Nationaleinheit und Nationalkcaft gedenk-
bar. Dirses. lehrt jedes Blatt der Geſchichte.

Wer es redlich mit dem Vatcrlande meint, das Wohl und Heil
des Ganzen mehr denn sein kleines Ich im Auge hat, muß auf
dem angedeuteten Wege nach einer höheren Vervollkommung unjſerer
Staatseinrichtungen ringen und dahinhwirken, daß wir als freie Män-
ner, nicht als feige Knechte gerüſtet ſehen, den Thron und das Va-
terland im Augenblicke der Gcfahr zu ſchützen und zu schirmen wiſ-
ſen. Nur das Bewußtsein, für welche teilige Güter wir kämpfen,
gibt uns Muth und Kraft, und diese führen zum Sieg.

Erhebend war dayer das Feſt, ein wahres Volksfest, weil Jeder

turchdrungen von Treue und Liebe zur Verfassung, die Recht und
Freihciten ſcützt, ihr auch Treue gelobte, und weil Jeder erkannte,
daß nur durch treues Fefthaiten an der Verfassung diese selbſt zu er-
balten iſt, und so die Wohlthaten für das Ganze, welche sie verhei-
ßen, fete werten können. Brüderliche Einigkeit erhöhte das
ſchöne Feſt.
f lt ſolches nachhaltig wirken und kein Bürger vergeſſen, daß
ſeine heiligſte Pflicht zunächſt in der Wahrung ves freien Wahl-
rechtes zu Wahlmännern wie zur Watt der Abgeordneten be-
ſteut, welche berufen ſind, an der Gesetzgebung und ſo vielen auf das
allgemeine Heil Bezug habenden Rechten unmittelbaren Antheil zu
nei,men, wall, reie die Erfahrung lehrt, nur eine unversſälſchte Volfs-
repräſentation, eine Versammlung unabhängiger, chzrakterfeter Männer
im Stande ißt, das wirkliche und wahre Beſte des ganzen Volkes,
und nicht blos ſfenes einzelner Stände oder Bezirke zu vertreten.

HN Von der Pfivz, 20. Auguſt. Almälig lüftet ſich der
Schleier, der über die so unerwartete Wahl des Negierungstirektors
Baumgärtner gelagert war, und das ganze große Netz von Untrieben
wird nun ſichtshar. Unter den Wahlmännern ſselbſt scheinen ähnliche
Dinge gespennen worden zu sein. Icmehr fie ans Tageslicht kom-
men, um so mehr zeigt ſich der Unwille der Bürger, die über die
Wirttigkeit der Abgtordnetenwahl im Klaren sind; während doch die
Wahlmäuner ſich gegenseitig das größte Vertrauen schuldig sind, ſcheint
dieß von Seiten der 21 nicht gehalten rwoorden zu sein, wie Nachſte-
hend's zeigen wird. Bekannilich standen nac Vollezdung der Ur-
wahlen die Wahlmänner in Bezug auf die Abgrordnetenwahl einan-
der ziemlich schroff gegenüber. Die Majorität ſehlug gleich anfangs
Baumgärtner als Candidaten vor, bald jedoch, wurde um die Unsichten zu
vercinen und den r lieben Frieden-- wieder herzuſtellen, ein hiesiger,
ſchr gesinnungstüchtiger Bürger vorgeschlagen und anfangs auch ziem-
lich günſtig aufgenommenz allein bald schien man von dieſem Plane
abzekomm:n zu sein, und es wurde von mehreren Mitgliedern der
miniſteri len Partei und von dieser unterſüütztt Geheimerrath Mitter-
maier von Heidelverg vorgeſchlagen. Sei es, daß diese kein Zutrauen
auf tie Tüchtigkeit des vorzeſchlagenen Bürgers hatten, oder daß sie
einem Miüitbürgir tie Ehre nicht wollten zukommen lassen, Abgrord-
neter zu sem; genug, die Mehrzapl vereinte fich auch diesmal für

: d..


 
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