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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 238 - No. 267 (1. September - 30. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#1087

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Abonnement mitvtier-
telſähr. Vorausbezahlung '
n Mannheim ! fl. 15 kx.,
durch vie Poſt bezogen im
zen Großherzogthum
a den 2 fl. 8 kr., im
Ausland erhöht fich vas
Abonnement um den Poft-
aufſchlag.

Sonntag



Mannheimer Abendzeitung.

21. September

Zz[ er ate diegespaliens
e in Petitschrift ods:
deren Raum 3 kr. Inſs-
rate, worüber die Redak-
tion Auskunft zu ertheilsen
hat, die Zeile oder deren
Raum 4 kr. ~ Briefe
und "ef erbittet mar

1845.





GE Et L :s

Mit dem 1. Oktober beginnt ein neues Abonnement der Manuheimer Abendzeitung. Vir laden hierzu freundlichft ein, mit der
PCW site, des richtigen Bezugs wegen die Beftelungen möglichst bald zu machen.

Die Mannheimer Abendzeitung.
erſcheint täglich, so vaß fie mit den „„Rheinischen Blättern'‘’ und dem „Badischen Volksſchulblatte‘’ wöchentlich in fieben Zeitungg-Nummerr
und fünf Beiblättern ausgegeben wird. Der Abonnementsyreis ift für dieses Vierteljahr in Mannheim 1 fl. 15 kr., in ganz Baden 2 fl, 8 kr.; aus-
wärts tritt ein Poſtaufſchlag hinzu. Man abonnirt bei der nächfigelegenen Poft. Inserat e, wozu fich die Zeitung, ihrer großen Verbreitung wegen, be-

sonders eignet, berechnen sich zu 3 Kreuzern per Petitzeile.

Der Verleger.



* Drei Landtage,

(Schluß.)

Endlich werden beide Str , die ſächſiſche und die badische,
die religiöſen Bewegungen zum Gegenftande ihrer Verhandlungen ma-
hen. Die beiden Völker werden ihre Vertreter am Landtage fragen,
ob es der Humanität und dem Geiſte des 19. Jahrhunderts gemäß
iſt, Bürgern ihre ftaatsbürgerlichen Rechte zu entziehen, weil sie an-
dere Ansichten über die Ohrenbeichte, das Prieſtercölibat rc. haben und
ihr religiöſes Gefühl anders sich äußert, als tie Glaubenssätze der
Staatskirche es gebieten. Sie werden fragen, ob die Humanität, das
poſitive Recht und die Vernunft es geftatten, daß Staatasbürger
in der Ausübung ihrer Religion gehindert und daß ihnen, weil diese
Ausübung in etwas von dem Cultus der Staatskirche abweicht, vom
Staate Nachtheil zugefügt werde. Auf diesem Landtage muß es ſich
entſcheiden, wer mächtiger iſt, unser deutſches Volk oder die Jesuiten,
wer obſiegen wird, Olaubens- und Gewiſsſensfreiheit, oder Glaubens-
und Gewiſſsenszwang. ~

Weniger Hofſnung iſt von der Zusſammentretung der Baiern zu
hoffen. Das Volk ift vort unter der Regierung des Königs Ludwig
nach und nach ganz jeglichem politiſchem Leben entfremdet, und könnte,
wäre das auch nicht der Fall, wäre es auch ein intelligentes, freisſinniges
Volk, sclbſt wenn es wollte, doch keine freiſinnige Kammer zu Stande
bringen, ohne Willen der Regierung.
sſo viel Material vorhanren, um von einer freiſinnigen Kammer be-
arbeitet zu werden. Doch wäre es ſo nöthig, daß gerade diesmal
wackere Volksvertreter ihre Stimmen erhöben, um das Interesse des
Volkes zu wahren. Abgesehen von den politischen Verhältnissen, die
das Baiernland mit den übrigen Bundesſtaaten theilt, abge-
sehen davon, daß auch dort die Preſſe nicht frei, daß auch dort das
freie Wort in eſſeln, die politische Freiheit vernichtet iſt, abgesehen davon,
werden während der neuenLandtage neue Gesetze vorgelegt und da thut es
vor Allem Noth, daß das Volk und sein Interesse verfochten und
gewahrt iſt. ~ Der württembergische Landtag vom Jahr 1838 u nd
1839 sollte in den Annalen des conſtitutionellen Lebens ewig als
ein Warnungscrempel dastehen, das gegenwärtige württembergiſche
Strafgesetß als ein lebendiger Beweis , wohin es kommt, wenn die
Regierungseutwürfe der Gesetze nicht die Läuterung einer freiſinnigen
Kammer paſiren.

Deutschland.

* Mannheim, 21. Sept. Ueber die Synode der Deutſch-
Katholiken in Stuttgart fügen wir unserer gestrigen Mittheilung
Folgendes ausdcm , Beobachter.. bei:

_ Als der Ort der nächſten Versammlung wurde Frankfurt be-
stimmt. Man kam nun auf einige andere Beſtimmungen für die
: neue Kirche zu reden. In Betreff des Abendmahls z. B. sprach die
. Versammlung den Wunſch an die Gemeinde aus , das Brod oder
auch eine Hoſtie möchte vom Geistlichen in die Hand des Empfan-
genden gegeben werden und die Kleidung der Geiſtlichen weit mög-
lichſt sich vom römischen Beiwerk frei halten.

i Zuletzt kam auch der den deutſch-katholischen Kindern zu gebende
Unterricht zur Besprechung. Sämmtliche Anwesenden waren darüber
kxinverſtanden, und namentlich Rong e drang mit entſchiedener Lcb-
haftigkeit darauf, daß der Religionsunterricht für deutſch-katholische
Kinder nicht von proteſtantischen Geistlichen ertheilt werden dürfte,
vielmehr Alles aufgewendet werden müſſe, um deutſch katholische
Schulen zu errichten. Namentlich zeigte Ronge durch die entschie-

Und doch wäre so viel, aeh

dene Art, wie er ſich aussprach, daß er dem Proteſtantismus nicht

mehr geneigt sei, als dem römischen Katholicismus. Im Proteſtan-
tismus,, sagte Ronge, liegen Elemente, die unseren Prinzipien
völlig widerjprechen, was man namentlich in der Erscheinung des
Pietismus sieht. Das geht durchaus nicht, daß proteſtantiſche Geiſte
liche den Religionsunterricht für unsere Kinder geben. Wo man

uns hiezu zwingen wollte, müßten wir den ernsſtlichen Proteſt ein-

legen. Diese Aeußerungen Rong é's, bei welchen er eine besondere
Lebhaftigkeit zeigte, ſind ungemein bedentungsvoll, und dürften sehr
dazu geeignet sein, diejenigen zu enttäuschen, welche glauben, die
gegenwärtige Bewegung werde nur eben dem Proteſtantismus zu
Gute kommen, indem ohne Zweifel die Meisten derer, welche zu der
neuen Gemeinde übergetreten sind, lieber wieder katholiſch würden,
als daß sie zu der lutherisch en ſtrengen Kirche ſich bekennten.
Aus dem Badiſchen, im September. Man wird sich er-
innern, daß Prof. Dr. Welcker wegen der von ihm und Dr.. Wilh.

Schulz herausgegebenen Schrift: „Geheime Inquisition, Censur und

Cabinetsjuſtiz im verderblichen Bunde-- mit einem Criminalprozeß
bedroht iſt, wozu namentlich Boden die Regierung zu ermuntern
suchte. Welcker hat nun der von Profeſſ. Biedermann in Leipzig
redigirten Zeitschrift „Heroldr gegen derartige Einschüchterung eine
Erklärung zugeſchickt, welche ganz des Mannes würdig iſt, der von

jeher mit scharfsinniger Gelehrsamkeit die unverdroſsenste Vaterlands-

liebe verband. Welcker versichert seine Denuncianten, daß alle ihre
Bemühungen ihn so wenig von der Vertheidigung der Volksrechte
abſchrecken werden, als die 3 Jahre lang gegen ihn durchgeführten
und ein halbes Dutzend anderer eben so vergeblich vorbereiteter oder
begonnener Procesſſe. Schon vor seiner leuten Schrift habe er ähn-
lichen guten Willen gegen ihn gikannt. „Ja, es erzählte mir so-
gar,“ sagt Welker, „ein Mann, welchen ich stets als wahrheitslie-
b:nd kannte, in Gegenwart meiner Familie, daß als er einst wegen
schwerster politischer Anklage im Criminalkerker menschlicher Voraus-
setzung nach auf Lebenslang saß, eines Morgens sein Inqui-
ſitor ihm vertrauungsvoll nahte und ihm nicht bloß alsbaldige Frei-
heit, sondern auch 30,000 fl. anbot, „wenn er mich durch seine
Aussagen gravire.. Ich wollte im ersten Augenblicke an der Wahr-
heit zweifeln, da sah ich dem Manne in das ehrliche Auge und er-
innerte mich, wie viel heiligere Güter, als Geld, man dem verur-
theilten Tottſchläger und Hochverräther Döring rin dem Maße an-
bot, als er vorzüglich die Leiter des revolutionären Treibens in

Deutschland gravire- (s. das bekannte Urtheil des Marburger Cri-

minalsenats über Jordan u. s. w. S. 42 und 70]J, und wie voll-
ſtändig ihm dieser Preis gezahlt wurde , nachdem seine falschen Be-

. ſschuldigungen des edlen Jordans entseuliches Schicksal bereitet hat-

ten. Da erröthete ich über den Zustand unserer öffentlichen Moral
und glaubte. Ich erkannte auf's Neue den guten Willen „mich un-
schädlich zu machen,# und durch mein Beispiel anderer Kämpfer für
des Vaterlands Ehre und Freiheit abzuschrecken. Durfte nun alles
Dieses mich von der Ausübung meiner Pflicht nicht zurückschrecken,
nun wahrlich, dann konnte es die Androhung eines Criminalprozeſ-
ses wegen dieser Schrift ebenfalls nicht, wenn ich ihn auch meiner
Regierung zutraute, was ich aber nicht thue. Es bedarf teiner sol-
chen Drohurg. Zwar kenne ich gewiß hinlänglich die ganze Bedeu-
tung von Criminalprozeſſen, vollends von deutschen. Aber es muß
mir ja wohl auch klar sein, daß bei meinen geringen Kräften und
den wenigen mir noch übrigen Lebensjahren meine Bemühungen für
meine Lebensaufgabe, für die Freiheit und Chre des Vaterlandes,
weniger wirken würden, als ein mir brreitetes Märtyrerthum. So
zuversichtsvoll rechne ich wenigstens auf cinigze Anerkennung meines
lebenslänglichen nicht opyferſcheuen Kampfes für die Rechte meines


 
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