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Mannheimer Abendzeitung — 1845

DOI Kapitel:
No. 146 - No. 175 (1. Juni - 30. Juni)
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29. Juni

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1845.







Deutſchland. Zé
+ Conſftanz, 26. Juni. Mürgermeiſter. H ütlin nebſt zweien
andern unserer Mitbürger ſind so eben wie wir hören, von einer
Sendung nach Karlsruhe zurückgekehrt, wo sie in Sachen des Baues
einer Eisenbahn hierher die Intereſſen und Wünſche unserer Stadt

zu vertreten hatten. Bekanntlich können diese Interessen in doppelter

Richtung, eine Befriedigung finden, ein Mal durch eine Bahn längs
des Rheines tann aber turch eine solche vom Kinzigthale her. Für
die erſten Vorarbeiten einer Kinzigthalbahn sind nun wie für eine
Rheinbahn gleichfalls drei tauſend Gulden von der Regierung ausge-
ſeßt, worüber wir erfreut ſind. Allein nun treten auch wieder feind-
iche Ansichten über den Ausgangspunkt der Bahn hervor. Ludwigs-
!: soll nämlich an ſicherm Orte eine kleine Partei für ſich haben
vder wenigstens als Nebenbuhler vorgeschoben sein, um Conſtanz
fühlen zu laſſen, wie leicht ſelbſt in sehr wichtigen Beziehungen die
WBunſt oder Ungunſt gewisser höherer Kreiſe zurn Recht oder zum
Verderben führen könne. Wir halten dieß gegenüber dem kräftigen Sinne
unſrer Mitbürger für ganz erfolgloſe Manöver. Denn ausgemacht gewiß,
wenn auch leider noch nicht allgemein zugeftanden ift es, daß dieſe
Bahn nur in Conſtanz ihren richtigen Endpunkt findet. In der
jeßigen Zeit, wo der Handel mit Oftindien wieder seinen Weg über
die Landenge von Suez und durch das adriatiſche Meer einſchlägt,
wo Hoffnung vorhanden iſt, den Bodensee durch eine Eisenbahn mit
mit letzterem verbunden zu sehen, wäre es gewiß ein unverzeihlicher
Mißgriff, wollte man Ludwigshafen (ein zweites Friedrichsfeld !) zum
unersezlichen Schaden von Conftanz begünstigen und so diesem für
immer die Grlegenheit abſchneiden, sich von so manchen harten Schick-
ſalsſchlägen zu erholen, die es in den letzten drei Jahrhunderten er-
litten hat. Es sah durch Unterdrückung der Reformation die Ge-
werbsthätigkeit und den Reichthum aus seinen Mauern vertrieben

. und ſich dem [nun so blühenden Winterthur zuwenden. Es mußte

die Reichsfreiheit mit dem demüthigen Loose einer öſterreichischen Grenz-
ſtadt vertauſchen, während seine Lage und sein Intereſſe es auf
die benachbarte Schweiz hinwiesen. Im Anfange dieses Jahr
hunderts verlor die Gemeinde ihren Antheil am Rheinzoll, während-
die Bedürfniſſe und die Ausgaben immer mehr im Wachsen begriffen
ſind. Der Anſchluß an den Zollverein brachte nicht den gehofften
Gewinn, indem namentlich der Detailhandel, welcher einen großen
Theil seiner Abnehmer in dem benachbarten Thurgau fand, einen
äußerſt empfindlichen Ausfall erlitt. Bei Vereinfachung der Staats-

î verwaltung drohen neue Verluſte, da Conſtanz bei seiner abgeſchnit-

tenen Lage an einer Landzunge auf ein Bezirksgericht keinen Anspruch
machen kann und sich begnügen muß, wenn man in Berücksichtigung
ſeiner Verhältniſſe als Kreisſtadt und Gränzort den Sit eines klei-
nen Oberamtes und eines Cinzelrichters in daſſelbe verlegt. Würde
LConſtanz bei der Richtung der Ciſenbahn übergangen, so wäre seine
Lage wirklich eine äußerſt betrübte. Die Anfänge einer regeren Ge-
veerbsthätigkeit und eines kräftigen Unternehmungsgeiſtes , die sich da
und dort zeigen, würden im Keime erſtickt werden, der Wolhlſtand
und der Häuſerwerth noch tiefer ſinken und viele Einwohner zur
Auswanderung gezwungen werden. Mögen Regierung und Stände
dieſe Verhältniſſe gebührend würdigen und einen Entschluß fassen,
der dern Wohlstande auch in den obern Gegenden des Landes ſich zu
erheben geſtattet und der namentlich der alten Stadt Conſtanz es
möglich macht, wenigstens einen Theil ihres frühern Wollſtandes
wieder zu erlangen!

+? Berlin, 23. Juni. Hecker's Crklärung iſt von dem
Obercensurgericht jezt bis auf eine Stelle und einige Worte freigege-
den worden und demnach heute in der Voſſiſchen und Spenerſchen
Zeitung erschienen .Hiſtoriſche Documente sollte man doch billigvor solchen
Berftümmelungen bewahren. v. Igſtein's und Heckers Portraits hän-
gen jezt an allen Kunfiläden aus. — Vor dem Kroll’schen Garten hat
sm 22., während in demselben eine chineſiſche Nacht gefeiert wurde,
eine kleine Volksemeute stattgefunden. Die Polizei hatte die Zugänge
zu dem Garten, sowie das Gitter deſſelben mit Brettern verſchlagen
laſſen, damit das Volk ſich nicht zu diesen chineſiſchen Myſterien

drängte; dieses muß dadurch aber nur um so neugieriger geworden
sein und vielleicht ganz besondere Anspielungen hinter denselben gewit-
tert haben; denn es ließ ſich durch keinen Zuruf und keine Gensd'ar-
men halten, sondern zerbrach den Zaun und ein Stück des Gitters
und schlug sowohl die Gensd’armen wie die Wache des Brandenbur-
ger Thors zurück. Letztere mußten sogar ihre Gewehre im Stich laſ-
ſen. Erſt als das Füſelierbataillon des zweiten Garde- Regiments
mit gefälltem Bajonette vorrückte, wurden die Volkshaufen zerſprengt.
Da der Prinz von Preußen sich unter den chineſiſchen Gäſten befand,
konnten dieſe Manöver mit um so größerer Energie ausgeführ1 wer-
den. Zuletzt wurden etwa 15 Menschen verhaftet. Mehreren Sol-
daten sind die Helme und Gewehre zerschlagen worden und zwei der-
selben haben ins Lazareth gebracht werden müſſen. Kroll ſoll den
Scandal vorausgeſagt und gemeint haben, die Polizei solle das Volk
lieber zusehen laſſen, als es mit Gewalt davon abhalten. Auch im
Publikum iſt man dieser Ansicht. „, Präventivmaßregeln " führen im-
mer zu nichts Gutem. – In Bezug auf die neulich mitgetheilten
Worte aus der in Königsrerg gesprochenen Rede des Königs verweise
ich Sie auf die Hamburger Neue Zeitung, welche dieselbe vollſtändig
und, wie es scheint, aus authentiſcher Quelle wiedergibt. Hiernach
hat der König gesagt, 100 oder 200 Männer müßten hinreichen, den
Zwiespalt zwischen Civil und Militär zu unterdrücken; nicht aber ſo
viel betrage nur die Zahl der Unzufriedenen. – Die Proteſtation der
Stadtverordneten soll der König uneröffnet zurückgeschickt haben.

Die Erklärung des Hrn. v. Itzſtein iſt gleichfalls geſtrichen und
ebenfalls dem Censurgerichtshof eingereicht worden.

Verlin, 25, Juni. Die neueſte Nr. (17.) der Geseßsſamm-
luug enthält eine unterm 3. April an das Militärjuſtizepartement
ergangene Cabinetsordre, der zufolge das neue Strafgesetzbuch
für das Heer genehmigt und beſtimmt wird, daß — mit Berück-
sichtigung der neuen Kriegsartikel und der Verordnung über die
Ehrengerichte ~ das neue Gesetzbuch unter Aufhebung aller ent-

rn frühern Beſtimmungen unverzüglich in Kraft treten
0

— Es heißt, daß die „Unterhandlungen mit Dänemark“, hin-
sichtlich des Sundzolls ganz abgebrochen werden dürften, da
S ch w eden bedeutende Conceſſionen gemacht habe, um gemeinſchaft-
lich mit Preußen den Kanal anlegen zu lassen, der die Durchfahrt
durch den Sund ganz entbehrlich machen soll. Die schwedischen In-
genieure sollen vortreffliche Pläne eingereicht haben.

Mühlheim a. d. Nuhr, 24. Juni. In Holland liegt die
Befürchtung vor, wie von verschiedenen Seiten gemeldet wird, daß
man in England einen Ausgangszoll auf die Steinkohlen legen
werde. Die Maßregel soll im Werke und durch den eigenen sehr
großen Steinkohlenbedarf von England als zweckmäßig erkannt sein;
nur der Bedarf zur Marine ſoll nicht belaſtet werden. Die Hol-
länder würden also in Zukunft ihre Steinkohlen von der Ruhr und
von der Maas beziehen müſſen. Wir zweifeln, daß Holland da-
durch verlieren würde. Die doppelten Bezugswege von der Maas
und von der Ruhr, würden eine sehr reichliche Concurrenz zwischen
dieſen beiden Steinkohlenfeldern erzeugen, welche die Preise noth- -
wendig möglichſt mäßig ſtellen müßte.

Aus den Sudeten, 19. Juni. (Köln. 3.) Aus glaubwür-
diger Quelle wird uns die Nachricht, daß die Tochter des Fabrikbe-
ſitzers Schlöffel ihren in der Hausvoigtei zu Berlin gefangen sitzen-
den Vater bei einem kürzlichen Beſuche bis zur Unkenntlichkeit entſtellt
gefunden habe. Dies iſt bei dem sanguiniſchen Temperamte des Man-
nes gar kein Wunder. Ueber den Gang des Prozeſſes fehlen ~ bei
dem Mangel der Oeffentlichkeit des Verfahrens + natürlich alle of-
ficielen Angaben; was wir vernehmen, beſteht in der Nachricht , daß

tt Uysal des Angeklagten den Stand der Dinge für höchſt bedenklich


 
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