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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 117 - No. 145 (1. Mai - 31. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#0525

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Aî 124. |



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deren Raum 3 kr. Inſss-
rate, worüber die Redak-

] annheime r Abe ndze itung. Urtrzzetetute

Raum 4 kr. – HVri
und ger eesſlget! mau;



Freitag

9. Mai |

1845







Deutſchland.

§ Aus Würtemberg, 5. Mai. Die Schlacht iſt gekämpft,
ber Sieg bleibt der Oppoſition. Aber es iſt nur ein halber Siegz
denn augenblicklich werden nur unsere Oberländer die Früchte da-
von genießen. Die Coalition unserer liberalen Kammerpartei mit
den Männern von der Farbe Wieſt's wäre vortrefflich, wenn zu
dieſen letztern nur nicht Leute wie Dek. Strobel, Pfarrer Mac,
Prielmeyer u. ſ. f. gehörten, und zwar mit einem Einfluß im
Lande, der dem Wieſt's mindeſtens gleichkommt. So aber werden
wohl der Regierung Verlegenheiten bereitet, das Gute aber kommt
. am Ende nicht dem Lande, sondern blos der katholiſchen Partei
zu Gute. Die Censurkoſsten ſind zwar verworfen worden ~
bie liberale Preſſe aber wird seither nur um so mehr gedrückt, denn
von einer Aussicht auf Preßfreiheit (und das war doch intendirt)
findet ſich keine Spur. Die liberale Fortſchrittspartei, durch Römer
repräſentirt, bat sich blos negire nd verhalten und das war der
Fehler. Sie hätte, nachdem ſie mit den Ultrarrontanen den Angriff
auf die Regierung vollbrachte ~ Front gegen ihre eigenen Bundes-
genoſſen machen sollen. Das verlangte nicht nur die salus populi
~ das verlangte überhaupt die politisſche Raiſon. Dadurch aber,
daß sie dieſes nicht that, ist sie jezt ganz und gar den Römischen
zur Beute geworden und dieſe hat den Triumph allein! Das Un-
glück will es haben, daß außer Römer und Duvernoy kaum
ein beſonders fähiger Kopf auf ken Bänken der liberalen Oppoſition
ſitzkt. Diese haben das Begonnene Alles allein auszufechten, oder ſie
müßten ein zweifelhaftes Freundſchaftsbündniß mit Wieſt und den
Seinigen schließen. Es ging ja so weit, daß die ultramontanen
[Preßfreiheitshelden am Ende ſich gar nicht ſcheuten, mit ihren wahren
Gedanken herauszurücken: daß man die bisherige Censur noch
mehr verſchärfen möge. Das war's, darin lag's. Die Guten
wollten mit ihrem Haſchen nach Preßfreiheit nur der Regierung Angſt
einjagen, um so für sich Zeitungsconcesſionen, für ihre Gegner aber
Doppelcensur (unten und oben) zu erjagen, dann hätten sie die freie
Preſſe fallen lasen. Man kennt ſie ja; daß die Liberalen diesen

Feldzugsplan nicht durchschaut haben, gereicht ihnen eben nicht zur

Ehre. Sie hätten den Spruch timeo Danaos besser beherzigen und
ben Fuchs für keinen Löwen halten sollen. Jetzt haben sie uns
Allen geſchadet. — :

__ Das mochte Römer zuletzt wohl fühlen, als er zum Schlusse einer
ber lezten Sitzungen ausrief: „Ich fürchte, die Koſten dieser Debatte
wird wieder die arme Presse zu tragen haben., Dem ist mittler-
weile ſchon wirklich so geworden: + die Censoren haben nunmehr
itoch strengere Ordres erhalten unn — ~ Hr. Wieſt und Con.
lathen und reiben ſich die Hände.

. Diese Herren wiſſen das beſſer. Kann man nicht das Ganze
étteichen — begnügt man ſich einstweilen mit der einen Hälfte,
die andere kommt dann vielleicht bei Gelegenheit nach. .

. Genug davon. €Es sind betrübte Zuſtände. In diesem Lande
ilt für den Fortschritt nur ein steriler Boden vorhanden und, man
inuß das bekennen, fetter Gartengrund für den starren Conſervatis-
mus. Die Schwaben sind ja geborene Feinde e.des Neuen“, das
erzählen ſie ſelbſt von sich und thun ſich obendrein noch etwas dar-
auf zu Gute. Drum: ,[Lasciate ogni speranza,“ Ihr guten Män-
ner im badiſchen Nachbarland. Auf uns dürft Ihr nicht bauen.
. Un fin: Der ganze Kampf der Opposition in den letzten Tagen
war ein Verzweiflung sk ampf — ein Gähren übersauerer Säfte;
ts fehlte ihm das warme, feurige Blut, welches Fleisch anſetzt und
hen Körper verjüngt. 211 '
. Aus Schwaben 26. April. Nachdem früher in der braun-
ſchweigiſchen, in der badiſchen Kammer ein Antrag zu Gunsten der
bedrängten Schleswig-Holſtei ner geſtelt und angenommen wor-
ven iſt, wird nun mit Nächſtem in der württembergischen die Motion
ves Dr. Duvernoy zur Berathung kommen: Die Kammer wolle,
Einklange mit andern deutschen Ständeversammlungen, gegen die
sregierung den dringenden Wunsch aussprechen, se möge als
"es deuiſchen Bundes im Vereine mit den Verbündeten geeig-
) kräftige Maßregeln ergreifen, damit zu dem Zwecke der Er-
der Cinheit Deutschlands und deutſcher Bolksthümlichkeit die

die Srelbſtändigkeit und der Rechtszuſtand der Herzogthümer Holſtein,
Schleswig und Lauenburg geschützt und bleibend gewahrt werde." Wir
hoffen, sämmtliche übrige deutsche Ständeverſammlnngen werden Das-

selbe thun. Möglich, daß Dänen im triumphirenden, Deutsche im

schmerzlichen Hinblick auf die Crfolglosſigkeit ähnlicher Schritte zu
u- der hannoverſchen Verfaſſung auch jene Anträge für nuglos

4.0 Berlin, 4. Mai. Die Nachricht, welche die Frankfurter

Zeitungen kürzlich aus der Bremer mittheilten, daß Theiner sich

geweigert, der deutſsch-katholiſchen Kirche beizutreten, wird von der

Schleſiſchen Zeitung widerlegt. Theiner steht hiernach vielmehr mit

den Deutsch-Katholiken in Unterhandlung und es iſt die Abſicht der-
selben, ihn hierher nach Berlin zu berufen. Das wäre allerdings
der geeignete Ort für denselben. Sein Buch über die Cheloſigkeit der

Geistlichen, das jetzt in einer neuen Ausgabe erscheint, wird hier mit

dem größten Interesse gelesen. ~
Ein Breslauer Juſtizbeamter hat, wie man vernimmt, eine
Anklage des Aſſeſſor Stieber, der ſich unter fremdem Na-

men im ſchleſiſchen Gebirge aufhielt, um das Geheimniß der dorti-

gen Verschwörung zu erforſchen, an den Juſtizminiſter gerichtet, die
Unwürdigkeit solches Polizeiwesens dargeſtellt, und die Beſtrafung des
Slieber beantragt. Unter Andern soll er sich darin auch über die
polizeilichen Haussuchungen ausgesprochen, und die Frage aufgewor-
feu haben, ob es denn nicht leichter sei, eine ſolche, wenn sie durch-
aus nöthig sei, vom Gericht dekretiren und vornehmen zu laſsen,

ſtatt razu, wie es bei Schlöffel geschah, 20 Landgensdarmen dazu

aufzubieten? Dies Verfahren, sagt er, widerspreche ken Grundge-
ſetzen des Landrechts durchaus und könne nur dahin führen, die
Würde des Rechtes und der Gerichte in den Augen des Volkcs herab-
zusetzen. Man iſt sehr begierig zu erfahren, welche Wirkung diese
entschloſſene männliche Darftellung hervorbringen wird.
Nach der Elb. Zeitung haben die versammelten
Induſtriellen außer dem Antrage auf eine Zollerhöhung für Leinen
und Leinen- und Baumwollengarn auch noch die Aenderung vieler
anderen Poſitionen des Zolltarifs für nothwendig erklärt. Die wei-
teren Anträge bezwecken eine neue Tarifirurg mehrerer Gattungen
baumwollener, kammwollener und seidener Waaren, insbesondere der
Jaconnets, Tülle, Spitzen, Shawls, Mouſelines de Laine, dann
der Kammgarne, der gezwirnten Wollgarne u. s. w. Bei vielen iſt
eine beteäcttli: Crhöhung der bisherige Sätze für dringend noth-
wendig erklärt.
h Worms, 4. Mai. (Fr. J.) Heute hat die legte berathende
Verjammlung der hiesigen katholischen Reformfreunde stattgefunden.
Am Pfingſtmontage, den 12. d. M., wird nun die förmliche Con-
ſtituirung der neuen deutſch: katholischen Gemeinde geschehen.
AMlzei, 3. Mai. (Fr. J.) Auch hier hat man reges Intereſſe
für die in Worms sich bildende deutſch- katholische Gemeinde, und es
sind nambafte Unterſtützungen für dieselbe zugesagt. ;
~ Ubber die in Nr. 119 besprochene Schriftſtellerversamm-
lung in Leipzig berichten tie Sächs. Vaterl. - Bläiter u. A. wie folgt :
Die Verhandlungsgegenfiände waren, nach einer eben so gezierten als
lauwarmen Begrüßung von Prof. Biedermann, ein Vortrag D. Wutt-
ke's über die Vortheile der persönlichen Annäherung der Schriftſteller,
ein Gesetzentwurf über das Verlagerecht, ein Vorschlag zur Grün-
dung von Schiedsgerichten für Streitigkeiten zwischen Buchhändlern
und Schriftstellern und zwischen den letzteren unter sich, endlich ein
Entwurf zu Beſtimmungen über den Nachdruck in Journalen. Der
Anfang war ein sehr unglücklicher, theils deßhalb, weil es für eine
„deutsche Schrifstellerverſammlung-- nicht eben großartig iſt, wenn ſîe
ſich zuerſt mit ihren materiellen Intereſſen beſchäftigt und diese bis
ins Rleinliche verfolgt, theils weil die Form dieser Berathung eine
ſchwerfällige und unpractiſche war und ein Gutachten, wenn man
je dieſenGegenſtand besprechen wollte, jedenfalls mehr dem Zwecke
entsprach, theils endlich, weil die Versammlung + ungeübt in derar-
tigen Verhandlungen von den Buchhändlern in der Auffassung,
Behandlung und Durchführung der Einzelheiten wirklich beschämt
wurde. Für eine Lichtseite in der zweitägigen Berbandlung können
wir nur den Theil halten, in welchem die Verhältnisse geordnet wer-
den sollten, die eintreten, wenn die Cenſur ein Werk ganz oder theil-


 
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