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Mannheimer Abendzeitung — 1845

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No. 299 - No. 328 (1. November - 30. November)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#1331

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Dienstag

Mannheimer Abendzeitun;

18. November

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1846.





Geſseh und Polizei-Gewalt. |

Berlin, im Nov. (Weser-3.) Die Königsberger Vorgänge
während des abgelaufenen Sommers And bis zu einem Punkte ge-
langt, wo sie das Intereſſe der ganzen preußiſchen Monarchie in An-
ſpruch nehmen müssen. Denn es handelt sich in der That um nichts
Geringeres als um Entscheidung der Frage : ob die Polizeigewalt in
Preußen eine ausſchließliche Macht besitze, und nicht blos ftrafen,
ſondern auch den Staatsbürgern den Rechtsweg verschließen könne ?
Bisher glaubte man gegen Straffeftiſezungen der Verwaltungsbehörde
den richterlichen Schutz anrufen zu können, und führte für dieſe Mög-
lichkeit die, wie es schien klaren und zweifelloſen Beftimmungen der
Landesgesetze an, die in den §§. 243 ff. des Anhangs zur Allgemei-
nen Gerichts. Ordnung verordnen : daß gegen alle polizeilichen Straf-
verfügungen dem Berurtheilten die Provokation auf rechtliches
Gehör zuflehen soll, wenn die Geldftrafe mehr als 5 Thlr. beträgt..
Mit dieſem Glauben scheinen fich die oben erwähnten Vorgänge nicht
wohl vereinigen zu laſſen. Die Sachlage ift durch frühere Nachrich-
ten über die gedachten Vorgänge, auch in dieser Zeitung, hinlänglich
bekannt, und es bedarf zu der Orientirung wohl nur der kurzen Be-
merkung, daß seit längerer Zeit die Besigerin von Böttchershöfchen
in Königsberg am Montage jeder Woche Concerte veranftaltete, zu
welchen Jedermann Zutritt erhielt. Die dort verſammelte Geſellſchaft
ſap es gern, wenn ein oder der andere Gaſt Tagesereigniſse
öffentlich mittheile und seine Meinung darüber aussprach.

Dieſe, durch kein Gesez verbotene Unterhaltungsweiſe ~ denn auch

das Publications-Patent v. 25. Sept. 1832, welches öffentliche Reden
politiſchen Inhalts verbietet, hat für die Provinz Preußen keine Gül-
tigkeit + ſchien aber der dortigen Regierung nicht genehm zu sein und
ſie lich daher unterm . Juli c. 38 Personen, die in der erwähn-
ten Art handelnd aufgetreten, durch das Polizeipräsidium dahin ver-
warnen: „daß diejenigen. welche fortfatren würden, bei den Concer-
ten im Böttchershöfchen Reden und Vorträge zu halten, mit einer so-
fort zu v ollftr e > end en Geldſtrafe von 50 bis 100 Thlr. oder
Gefängnißſtrafe von 14 Tagen bis 4 Wochen beahndet werden soll-
ten., Gegen dies ihnen willkürlich erſcheinende Verfahren der Regie-
Heuer C E E U Cs t t E
~ in Erwägung, daß das Verbot ungeseglich und daher nicht wei-
ter zu beachten sei, – bei Gelegenbeit des nächſten Concerts am 21.
Juli e. wiederum gesprochen. Dafür wurden sie nach einer Verfügung
des kön. Polizeipräätiums vom 22. Juli e., und zwar ungehört,
o h ne irgend ein vorangegangenes Untersuchung e- und
Vertheidigungs- Ver fahren, in 50 Thlr. Geldſrafe genommen
und dieſe Strafe auch durch Pfändung zur Vollfireckung gebracht.
Diese Straffeſtſezung der Regierung schien sowohl der Form
wie dem Wesen nach nicht geseglich gerechtfertigt ; denn den königl.
Regierungen steht die ges etz geb en d e Macht nicht zu; fie ſind dem-
nach auch nicht befugt, irgend welche Handlungen der Staatsbür-
ger für unerlaubt zu erklären oder mit Strafen zu bedrohen. In
dem zweiten Satze des g. 11 der Inſtruktion vom 23. Okt. 1817
(Geſegz-Sammlung 1817, S. 254) iſt dieſer Grundsatz mit den be-
ſtimmteſten Worten ausgeſprochen: „„Allgemeine Verbote und Straf-
beſtimmungen dürfen sämmtliche Regierungen nicht ohne h öh ere
Genehmigung erlassen.. Nur in dem Fall, wo + ,das Ver-
bot an sich schon durch ein Geseg feſtſteht, in letzterem aber nicht
die Strafe ausdrücklich bezeichnet worden, können die Regierungen
innerhalb der Grenzen des Abg. Landrechts Th. U. Tit. 20. g. 33,
35, 240 die Strafe bestimmen und bekannt machen.. Das Rescript
des Miniſterium des Innern vom 19. Aug. 1830 läßt sich hierüber
alſo aus: „die Regierungen sind zwar nach ihrer Dienſt Instruktion
ermächtigt, Handlungen, welche. die Gesetz e als ftrafbar bezeich-
nen, zu verpönen; ſie überschreiten aber ihre Befugniß, wenn
ſie Handlungen, welche die Gesetze nicht für ſtrafbar erkennen,
mit Stcafen belegen.«s In Erwägung dieser deutlichen Aussprüche
und mit Bezug auf das oben allegirte Landeszeset betraten die
beiden Verurtheilten den Rechtsweg durch die Provocation auf recht-
liches Gehör. Die ausführliche Begründung dieser Provecation
Würde die uns hier geſtatteten räumlichen Grenzen überschreiten. Auch



î intereſſirt uns vor Allem die Entſcheidung des Gerichts auf dieselbe.

Der KCriminalſerat des königl. Oberlandesgerichts in Königsberg
hat nämlich unterm 15. Auguſt c. den Rechtsſchutz verweigert, weil
~ „nach dem Gesetz vom 11. Mai 1842 Beſchwerden über Poli-
zeiverfügungen jeder Art, auch wenn sie die Gesetzmäßigkeit derselben
betreffen, nicht zur Cognition der Gerichte gehören.» Dieſe Entſchei-
dung iſt höchſt wichtig; denn wenn das allegirte Gesetz gleich §. {.
ſagl : „Beſchwerden über polizeiliche Verfügungen jeder Art, fie mö-
gen die Gesetzmäßigkeit, Nothwendigkeit oder Zweckmäßigkeit derselben
betrefſen, gehören vor die vorgesetzte Dienstbehörde, ~ so scheinen
diese Worte doch keineswegs so verstanden werden zu dürfen, als ob
Eröffnung oder Verſchließung des Rechtsweges von der Willkür der
Adminiftrativbehörde abhängig sei. Das Gericht hat sie nun aber
doch so verſtanden, und es iſt daher von zwei Fällen nur einer denk-
bar: entweder hat der Richter das Geset vom 11. Mai 1842 falſch
ausgelegt, ~ dann ist eine authentische Erklärung nöthigz – oder
er hat den Sinn des Gesetzes richtiz aufgefaßt, ~ dann ſind Eigen-
thum und Freiheit der Bürger schutzlos der Polizeigewalt preisgege-
ben. Das kann aber gewiß nicht die Abficht des Gesetzgebers gewe-
sen seinz denn wäre das der Fall, so würde das Gesetz - die Perso-
nen- und Eigenthumsrechte der Staatsbürger wesentlich verändern «,
und daher ~ dem Gesetze v. 5. Juni 1823 (III. 2) gemäß + den
Provinzialftänden zur Berat>ung vorgelegt worden sein. Dies iſt
aber nicht geſchehen, und wir hoffen daher auf eine authentiſche De-
claration, welche die Beſorgniſſe verſcheuchi; andernfalls würden diese
Vorgänge eine dringende Mahnung sein, Versſäumtkes nachzuholen :
denn das –~ ohne Mitwirkung der Stände erlaſſene – Gesetz vom
Vs 1842 ift weder von der Preſſe, noch von den Landtagen
beachtet worden!



Deutfchland. ;

Baden. Am 10 d. M. ift auch in Stokach eine deutſc<-
katholische Gemeinde ge gründet worden. Bald hoffen wir
noch von weiteren Fortschritten der deutſch katholiſchen Sache in unſerm
Land melden zu können. {Seeblätter.

(p) Pforzheim, 15. November. Bei der geſtrigen Abgeord-
netenwayl ging der ehrenwerthe Fabrikenbeſitzer, Auguſt Dennig, mit
21 Stimmen aus der Wahlurne als Sander's Nachfolger hervor.
Er wird seinem Vorgänger zwar nicht mit derſelven Geiftesſchärfe
und rechtskundigen Gelehrsamkeit, wohl aber mit gediegenen Kenntniſsen
nachfolgen und fich als sclbfiständigen gebildeten Vertreter der P forz-
h eimer Bürgerſchaft beweiſen.

Die Minderheit von etrva 12 Stimmen wünſchte durch Arvokat
Brentano mehr im Sinne des raschen Fortschritts vertreten zu wer-
den, mußte aber der Rücksicht unterliegen, daß A. Dennig mehr für
die Ausbildung des verfaſſungsmäßigen Wirkens unter der hieſigen
Bürgerschaft leiſten könne, weil er hier wohnt.

A. Dennig hat außerdem durch seinen Wiedereintritt in den Ge
meinderath einen Beweis seines Gemeinsinnes gegeben.

München, 13. Nov. (Nürnb. C) Diesen Vormittag um
9 Uhr legten in der Insſtituts-Kirche der b ar mh erz igen Schwe-
ftern 14 Rovizinnen das Ordensgelübde ab, und 14 Kandidatinnen
empfingen das Ordenskleid!

Berlin, 12. November. Die „ Spener'ſche Ztg. „ von heute
enthält folgendes „Eingesandt“ : “Is es gegründet, daß an Hand-
werks - Lehrlingen gleichſam von Amts wegen die Prügelftrafe vollzogen
werde ? Geht's denn gar nicht ohne Prügel? ? If Entziehung oder
Verkürzung der Freiſtunden, erſchwerte Arbeit, Verlängerung der Lehr- .
zeit, welch letztere Strafe allerdings ſchon üblich ist, nicht wirkſamer
als eine Strafe, die bei einm 15- bie 1S8fährigen jungen Merſchen
entehrend sein muß? Und iſt denn das Beiſpicel unſcres trefflichen
Heeres noch immer wirkungslos ?-
. Königsberg, 8. Novbr. (H. N. Z.). Der Magiftrat un
die Stadtverordneten sind jetzt mit tem Censor, Herrn Reuter, in
Conflict gekommen. ~ ,

Breslau, 11. Nov. Das heute ausgegebene Breelauer Han-

delsblatt sagt in einer Nachſchrift: „So eben erfahren wir aus

ficherer Quelle, daß vor einigen Tagen das hirefige Bäckermittel bei
dem Hrn. Ober - Präsidenten der Provinz den Art-ag geſt llt hat, die


 
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