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Mannheimer Abendzeitung — 1845

DOI Kapitel:
No. 58 - No. 86 (1. März - 31. März)
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atsdrücklich im Vertrag mit den Jesuiten, daß dadurch keine Ver-
faſſungsverlezung beabſichtigt sei und erlaube den Jesuiten nur, nach
den von der Kirche gutgeheißenen Ordensregeln zu wirken. Schon
der Verfaſſungsrath verwarf den von Herrn Jos. Bühler beantrag-
ten Zusatz zur Verfaſſung, daß keine neue Orden eingeführt werden
vürfen. Die Berufung der Jesuiten war somit durch die Verfassung
schon vorgesehen. Der Aufstand vom 8. Dez. iſt also keineswegs
durch Berufung der Jesuiten begründet. Die Schrift: Ereigniſse
von Luzern, eine Appellation der freiſinnigen Partei an die Eidge-
noſſenſchaft, sagt, daß das Komite, welches den Aufstand leitete,
schon im Jahr 1842 zu Knautwyl erwählt war und wenige Per-
sonalveränderungen erlitten habe. Damals waren die Jesuiten noch
nicht berufen.

§ Der [f: ts liegt in den Akten, daß der Aufruhr zum Unſturz
dcr Regierung angezettelt wurde. Die Freischaaren erhielten ein
Handgeld von 2 Frk. und ein Taggeld von 1 Frk. Man darf also
behaupten, raß die Jesuitenberufung weder der Grund noch das
Ziel des Aufstandes war. Der Antrag Aargaus gegen die Jesuiten
wurde voriges Jahr mit 17 ?/, Standesſtimmen, was eine seltene
Mehrheit iſt, im Schooße der Tagsatzung bereits verworfen. Die
Niederlage der Aufrührer, die Vereitelung der Plane auf Umsturz der
Luzerner Regierung, vielleicht auch des Bundes, war die Ursache der
Aufregung in der Schweiz, die Jeſuitenberufung iſt nur der Aus-
hängeſchild. Der schwarze Geiſt der Revolution iſt es, der die ge-
genwärtige Gährung erzeugte, nährte und fortzslanzte. Die Frage
des Fortbeſtandes der Jesuiten oder ihrer Berufung in der Schweiz
hätte daher nicht zum Gegenstand der Einberufung der Tagsatung
dienen sollen. Luzern ſei ferne davon, den leiseſten Tadel auf den
Vorort werfen zu wollen. Nicht an den edlen Beweggründen, nur
an der Zweckmäßigkeit dieses vorörtlichen Schrittes zweifelt Luzern.
Die souveränen Stände übertrugen die Sorge für religiöse, kirchliche
oder Erziehungsangelegenheiten nicht dem Bunde. Nur die dem
Bunde übertragenen kann die Tagsatung behandeln. Der Bund
kennt nur eine konfessionelle Angelegenheit, die Garantie für
den Fortbeſtand der Klöster. Die Beschlüſſe von 1816 und
1819 in der Tagsatzung ſind die deutlichſten Beweise, daß die Kir-
Y und Schulangelegenheit außer dem Bereiche der Bundesange-
egenheit liegen. i

Nach dieser hier auszugsweise mitgetheilten Rede, die Hr. Sieg-
wart ablas, folgte eine zweite geschriebene Rede, die des erſten Ge-
sandten von Uri. Gegen die Jeſuiten laſſen sich keine gegründeten

Anſchuldigungen vorbringen. Uebrigens steht der Tagsatzung kein
Recht zu, über Zulaſſung oder Duldung der Jesuiten zu entscheiden.
Uri verwahrt ſich gegen jede Einmischung der Tagsatzung in diese
Angelegenheit der Katholiken. (RN. A. Z.)

Ungarn.

Von der ungariſchen Grenze, 21. Fetr. (K. Z.) .Die
neuliche Difserenz des Banus von Croatien mit der höchftcn Regie-
rung iſt vollkommen ausgeglichen. Sie hatte einzig den Unſtand zur
Vcranlaſsſung, daß die Regierung in der Besorgniß neucr blutiger
Zwiſte zwischen Magyaren und Illyriern in Betreff der bereits zu-
geſagten Vornahme der Agramer Reſtaurationscongregstion plötlkich
Gegenbefehl ertheilt-. Wie gerecht unterdessen diese Besorgniß ist, zei-
gen die fortdauernten, gegenseitigen Aufreizungen zwischen beiden
Parteien; jever Aulaß zu diesem Ende iſt ihnen willkommen.
So ließen die Illyrier kürzlich auf einem Maskenballe eine toll sich
geberdende ungarische Maske unter ungeheurem Beifalle vom Teufel
holen, wogegen die ungarische Partei eine dem ilyriſchen Biſchofe
ähnlich gekleidete Puppe verkehrt auf einem Csel sſißend herumführten,
dieselbe dann prügelten und endlich aufhängten.

Alrnerika.

~ Man hat über Havre Nachrichten aus Neuyork vom 6.
Februar erhalten. Das Wichtigste, was man daraus erfährt, betrifſt
Mexiko und den General Santa Annaz es war nemlich ein Schifs
von Veracruz mit Meldungen vom ! 4. Januar zu Neuyork einge-
laufen, Santa Anna stand noch am 10. Januar mit seinen Truppen
in der Nähe von Puebla, welche Statt er fünf Mal ve: gebens ange-
griffen hat ; am Waffenglück verzweifelnd, hat ex drei sciner Offiziere
nach der Hauptſtadt Mexiko abgeschickt, um mit der dort einge etzten
Regierungsbehörde unterhandeln zu laſſen. Kurz, er hat sich auf die
Diplomatie geworfen. ;

Spanien.

. Madrid, 21. Febr. Bei den zu Vittoria verhafteten Indi-
viduen hat man Proclamationen gefunden, aus deren Inhalt hervor-
geht, daß es bei dem Complotte auf eine Wicderherſtellung der Ver-
faſſung von 1837 abgesehen war. Der Aufruf ſchließt mit den Wor-
ten: Es lebe die Constitution von 1837, es lebe Iſabella 11.!

Italien.

Rom, 13. Febr. Nachdem vort der factiösen Partei in Ra-
venna nun auch ein zum Racheopfer ausersſchener Officier der dort
in Garnison liegenden Schweizer getödtet wurde, hat die Regierung
von Bologna aus eine Abtheilung der Criminalcommission nach je-
ner Stadt beordert. Man sagt, die Regierung beabsichtige als Züch-
tigung für Ravenna, wo ſich seit geraumer Zeit unter einem Theil
der Bewohner ein Geiſt der Widersetlichkeit kundgegeben, die dort
reſidirende Legation aufzuheben und nach Faenza zu verlegen. Auch
in Ancona sind Vorkommnisse gewesen, welche einen unangenehmen
Eindruck gemacht, eine Gerichtsperson iſt wegen ihres Betragens
unter Prozeß gestellt. + Briefe aus Bologna melden, daß man am
letzten Abend des Carnevals unter dem Theater eine Höllenmaſchine
mit brennender Lunte noch zeitig genug entdeckt habe. Die schwarze
That schreibt man übrigens weniger emem politischen Complott, als
Räubern und Dieben zu, welche sich des in einem Jeſtsaal aufge-
stellten werthvollen Silbergeräthes bei der allgemeinen Verwirrung
bemächtigen wollten. (A. A. Z.)

Us der italieniſchen Grenze, 23. Febr. Es beſtätigt
ſich vollkommen, daß von Wien aus in Rom Schritte geschehen sind,
um zu bezwecken, daß die Jeſuiten auf ihre Berufung nach Luzern
ſelbſt verzichten, und so einer ber wichtigſten Anlässe oder Vorwände
zu dem drohenden Bürgerkriege in der Schweiz beseitigt werde. Un-
terdeſſen scheinen die bei den Schweizer Wirren zunächst betheiligten
Cabineie die Möglichkeit solch blutigen Drama’'s nicht aus den
Augen zu verlieren und darnach ihre Borkehrungen zu trefsen.
So iſt öſterreichiſcherſeits bereits die Weisung erfolgt, die ziemlich
schwachen Gränzgarniſonen, namentlich im Vorarlberg, zu verſtärten,
und ohne Zweifel wird diese Maßregel, welche, je nachdem sich die
Ereigniſſe gestalten, als der Anfang zu Bitdung eines Observations-
corps an der Grenze zu betrachten sein dürfte, auch von den übrigen
Nachbarſiaaten für rathſam erachtet werden.

Serbien.

(K. Z.) Die;
ſerbiſche Regierung hat das Loos der politischen Gefangenen bedeu-
tend gemildert, indem ſie die Strafzeit Aller herabfetzte und meh-
rere andere Anordnungen traf, die geeignet ſind, das traurige Schick-
sa! dieser Leute zu erleichtern. Der als einer der eifrigfien Anhänger
der Familie Obrenovitiſch kekannte Oberſt Micsitſch iſt in dem auch
ihm angewiesenen Straforte Gurguſchevatz gestorben, und der ehema-
lige Miniſter Rajevitſch sokl, von einem bösen Augenleiden heimgeſucht,
auf einem Auge sogar gänzlich erblindet sein.

Von der türkiſchen Grenze, 16. Febr.

Nucßf;land..

St. Petersburg, 18. Febr. Das heutige Gesetzbulletin ent-
hält ein Manifeſt über eine neue beschleunigte Truppenaushebung.
Daſſelbe lautet nach den gewöhnlichen Cinleitungsworten: „Die all-
mälige Unterwerfung der Bergvölker des Kaukaſus, wodurch die
Macht Rußlands in dieſem ausgedehnten Landſtrich befestigt wird,
erheiſcht die Nothwendigkeit, unsere gegenwärtig im Kaukasus activen
Streitkräfte zu verſtärken, ohne die übrigen Theile des für die Be-
dürfniſſe und die Würde des Reichs nothwendigen Heeres zu schwä-
chen. Deßwegen halten wir es für zweckmäßig, die in diesem Jahre
den Gouvernements der öſtlichen Hälfte bevorstehende gewöhnliche
Reerutirung, statt im November schon im März zu vollziehen. Sie
iſt darnach am 15. (27.) März zu beginnen und am 15. (22.)
Ayril unfehlbar zu beendigen. Wir befehlen dießmal sieben von
tausend Mann auszuheben. Wir haben in dicſer Beziehung einen
besondern Ukas dem dirigirenden Senat ertheilt. Gegeben in Unſe-
rer Reſidenz St. Petersburg am 3. (15.) Febr. im Jahre Chrifti
1845, unserer Regierung im 20ſten. Nikolaus.--



Worms am 9. Febr. 1845.
[522]1 Je erfreulicher die zunehmenden Errichtungen der Poſtwägen, die
hier aus- und einlaufen, oder unsere Stadt wenigſtens berühren, für uns ſinv,
deſto mehr fühlen wir den Mangel eines ordentlichen Poſtlokals; denn in der
That verdient das hiefige seinen Namen nicht, da vafselve einzig und allein
in einem engen, kleinen Zimmer beſteht, und außer dem vorſchriftsmäßigen.
Wartesaal, der faſt ganz fehlt, noch viel zu wünſchen übrig läßt. Herr
Euler, Gafthalter zum Schwanen, hat sich zwar bewogen gefunden, auf An-
suchen der hieſigen Poftbehörde, sein Wirthszimmer dieſem Zwecke darzubieten,
doch glaubt Einsender dieses, (der selbſt aus Erfahrung spricht), und zwar mit
Recht sagen zu dürfen, daß es für Manchen unangenehm iſt, fich deſſelben zu
bedienen, ohne doch wenigstens dort etwas zu genießen. Was ferner noch die
äußere Beleuchtung betrifft, so ift es hier ebenfalls am passenden Orte, deren
gänzlichen Mangel zu rügen. ~ Es wäre zu wünſchen, daß eine wohllöbliche
Oberpoſtverwaltung, welche ftets so viele Beweise ihres regen Eifers an den
Tag lest, dieſen Mißſtänden ein Ziel setze, S. M.


 
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