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Mannheimer Abendzeitung — 1845

DOI Kapitel:
No. 268 - No. 298 (1.October - 31. October)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44007#1200

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1292

verhängt worden ift, scheint noch längere Zeit fortdauern zu wollen.
Wenigflens finden wir in dem für das nächfte Winter-Semefter be-
ftimmten Lektions-Katalog der Alberto-Ludoviciana keine Vorlesungen
von ihm angezeigt, und so muß die Universität, bei der überdies
mehrere Lehrſtühle, namentlich auch der so wichtige der Geschichte, un-
beſetzt ſind, wieder einen neuen ſchmerzlichen Verluft erleiden. Diese
Maßregel iſt um so auffallender, als unsere Regierung überall in
ganz Deutschland als ,liberal- konservativr- galt und andere Staaten,
wie Preußen und Sachsen, in ganz anderem Sinne gehandelt haben.
So hat, um nur einen eklatanten Fall anzuführen, Professor Dr. R e-
genbrecht in Breslau, Gemeindevorfteher der dortigen Deutſch-Ka-
tholiken, für das nächſte Semefter Vorlesungen über Staatsrecht und
Kirchenrecht angezeigt, und es iſt damit angedeutet, daß ein Deutſch-
Katholik wohl ebenso gut an einer Hochſchule wirken könne, wie jeder
andere Docent auch. Sollte unser e Regierung sich nicht auch bewe-
gen laſſen, den verdienſtvollen Dr. Schreiber der gewohnten Wirksam-
keit zurückzugeben, zumal da seine Vorträge unter die philosophischen
Fächer grféten. in ein Gebiet alſo, wo unumſchränkte Meinungsfrei-
errſchen sollte.
j Speyer, 13. Okt. (Spey. Z.) Die Einleitungenzu den Ständewahlen

sind in unserem Kreiſe bereits überall getroffen. Die Verzeichnisse der

den Steuern nach Wählbaren sind angefertigt, und es werden dem-
zufolge nächſtens die Gemeinderäthe die Ernennungen, in den Städ-
ten jene der Wahlmänner, in den Landgemeinden die der Wähler, vor-
nehmen, worauf dann unverzüglich die wirklichen Wahlen stattfinden.

~ Bekanntlich kommt nac unserer Verfaſsungsurkunde auf je
7000 Familien ein Abgeordneter, ungerechnet die drei Abgeordneten
der Univerſitäten. Die Geſammtzahl der Familien in Bayern beträgt
nunmehr 985,511. Davon kommen auf Oberbayern 148,653,
Niederbayern 117,133, Pfalz 123,039, Oberpfalz und Regensburg
105,049, Oberfranken 117,566, Mittelfranken 113,861 , Unterfranken
und Aſchaffenburg 130,931, Schwaben und Neuburg 129,279.

In der Pfalz sind folgende Abgeordnete zu wählen: von der
katholischen Geiftlichke it (11 Dekanate mit 206 Pfarreien)
1; — von der proteſtantiſchen Geiftlichkeit (15 Dekanate
und 215 Pfarreien) 1; ~+ von 19 Städten (mit 19,330 Familien)
4; + von den Landeigenthümern (103,709 Familien] 9. +
Die gesammte Pfalz wird also durch 15 Abgeordnete vertreten.

Dresden, 6. Okt. (Fr. J.) Satchsen wird nicht zurückblei-
ben gegen Württemberg, Baden und Braunſchweig, und seine Stände
werden eine energiſche Verwahrung einlegen auf die Aufcechthaltung
der Integrität des deutſchen Bunvesgebiets gegenüber der däniſchen
Propaganda in den Herzogthümern Schleswig- Holstein. Wie
ſich auch dort die Zukunft geſtalte, so soll es nicht beißen, das deut-
ſche Volk habe diesmal seine Pflicht vergeſſen und gelaſſen und gleich-
gültig den Verkürzungen seiner Nationalität zugesehen. Wir wiſsen
wohl, daß man in Kopenhangen allen den Adreſſen, Protesten und
sonstigen Demonftrationen, die in dieſer Angelegenheit bereits seit Jah-
ren in allen Theilen von Deutschland ſich wiederholen, nie großen
Werth beilegt und darauf vertraut, daß die Cabinete ſich von dem
î Eifer des Volkes nicht werden hinreißen laſſen. Allein wie viel Gu-
tes und Edles müßte nach solcher Theorie ganz unterbleiben, weil
man von vornherein des practiſchen Erfolges nicht sogleich versichert
iſt? Wie gering man immer die conſtitutionelle Wirksamkeit deutscher
Stände anschlagen will, so läßt sich doch innerhalb der verfassungs-
mäßigen Schranken kein Akt denken, der bedeutungsvoller wäre, als
eine von der Volksvertretung unmittelbar an den Thoren gebrachte
und öffentlich und in Gegenwart der Minister verhandelte Bitte oder
Beſchwerde. Nach dieſer Ueberzeugung werden die ſächsiſchen Kam-
mern handeln und ohne Zweifel so einstimmig, als es in den an-
dern Ländern geschehen iſt.

Von der ſächsiſchen Grenze, 9. Oktbr. (D. A. Ztg.)
Es iſt wirklich spaßhaſt, zu sehen, wie man hinter den proteſtan-
tiſchen Freunden her mit Steinen wirft, seitdem die Staatsmacht
es für r nöthig" gehalten hat, ihre Versammlungen zu verbieten und eine
entschiedene Mißbilligung ihres Strebens auszuſprechen.

Magdeburg, 7. Okt. (Hamb. N. Ztg.) Man freute sich um ſo
mehr über Uhlich's Ankunft hier, als die beunruhigendſten Gerüchte
über die Hindernisse ſich verbreitet hatten, die man ſeiner Einführung
hier in Magdeburg bereitet haben sollte. Und in der That war man
in dieſer Hinsicht nicht unthätig geweſen. Der Conſiſlorialpräſident,
Herr Göſchel, hatte ein Minifterialreſcript empfangen, welches Uhlich's
Einführung untersagte. Noch am Äbendb vor Ullich's Ankunſt war
das Conſiftorium in einer Sitzung verſammelt, um über diese im je-

tigen Zeitpunkte für die Ruhe in Magdeburg wichtige Angelegenheit

zu berathen. Herr Göſchel nebſt seinem Anhange wollte jedenfalls
das Miniftcrialreſcript zur Ausführung gebracht wiſſen. Der Ober-
präsident, Herr v. Bonin, aber, in Rückſicht auf die Ruhe der Stadt
und der Provinz und auf Grund des völliz gesetzlichen Hergangs der
Berufung Uzlich's nach Magdeburg burch die Gemeinde, und der
reſolgt-n Beflätigung durch die Regierung, sette in jener Sesſſion

Uyplich's Einführung durch, indem er alle Verantwortlichkeit auf fich
nahm. Noch an demſelben Abende wurde vom Konfiftorium ein Bote
an Uhlich gesandt. Am Donnerftag geſchah alsdann seine feierliche
Einführung , zu welcher sich eine so große Menge theilnehmender Bür-

ger einfanden, daß die weiten Kirchenräume die Tauſende nicht ale.

fasſen konnten. Diese Räume scheinen der Versammlungsort der pro-
teftantischen Freunde werden zu wollen; denn bei Uhlich's Antrittspre-
digt führten die Eisenbahnen sehr viele Fremde in die Stadt und in
die Katharinenkirche. ;
Aus Preußen. (Weser-Ztg.) Bekanntlich iſt der Ober-
confiſtorialrath S n et h la g e aus Berlin schon seit mehreren Mona-
ten im Auftrage des Königs auf Reisen in Deutschland. Seine
Mission iſt aber keineswegs, ein allgemein christliches Concil
anzuregen und zu Stande zu bringen. Vielmehr hat die Regierung
nur unter den gegenwärtigen verwirrten und sie von allen Seiten
bedrängenden Verhältniſſen das Bedürfniß gefühlt, in Gemeinſchaft
mit den übrigen evangelischen Staaten zu treten, um Dem, was ſie
zu thun im Allgemeinen beabſichtigt, Eingang, Nachdruck und An-
klang dadurch zu verschaffen, daß sie ihm den partikulären preußi-
schen Charakter nimmt und es dagegen als etwas gemeinsam Evan-
geliſches darſtell. Sodann wünſcht ſie auch über die Art und das
Maß Dessen, was in der evang. Kirche verändert werden, was den
Forderungen und Wünſchen der Kirche zugeſtanden werden muß, die
verſchiedenſten Stimmen und Meinungen der in den einzelnen Lan-
deskirchen einflußreichen Männer zu vernehmen. Denn eine ganz
willkürlich und selbſtſtändig von ihr durchgeführte Reform hält ſie
sſelbſt für nicht räthlich. wie jetzt die Sachen stehen. Hr. Stnethlage
hat also die evangelischen Regierungen in Nord- wie in Süodeutſch-
land eingeladen, Abge ordnete zu einer Konferenz nach Ber-
lin zu senden, in welcher über die kirchlichen Angelegenheiten
Berathung und Verſtändigung ſtattfinden soll. Diese Con-
ferenz wird durchaus ihren eigenthümlichen Charakter bewahren, und
wenn etwa Beschlüsse gefaßt werden sollten als ein Ausdruck der
Majorität, so werden ſie doch durchaus unpräſudizirlich ſein,
und die 9tlzgti der einzelnen Landeskirchen bleibt dadurch
unangetastet.
h Das Gerücht, es werde dießmal mit den Landtagsabschieden

keine unter Leitung der Miniſter v. Thile, v. Canitz und des gehei-

men Raths v. Patow jetzt ausgearbeitete Verfaſſung veröffentlicht,
gewinnt immer mehr Glauben. Eine Watrſcheinlichkeit gibt ſchon
die Verzögerung der Landtagsabſchiede. Da ſich die Verfaſſungs-
gerüchte lange conservirt und immer bestimmter gestaltet haben, wird
man allerdings mit einiger Wahrscheinlichkeit auf eine unter Controle
des Königs abgefaßte Vefaſſung hoffen können. (CAchn. Z.)

Vor. der: Sudeten, 1. Oct. (Köln. Ztg.) Unsere diesjährige
Kartoffelernte hat nun überall im Gebirge, begünſtigt vom ſchöu-
ſten Wetter, begonnen und es ergibt ſich, daß faſt an allen Orten
der Ertrag nicht nur ein reichlicher genannt werden kann, sondern
die diesjährigen Kartoffeln nebenbei von ganz besonderer Güte sein
sollen. Referent hat selbſt die Erfahrung gemacht, daß von dec ſ. g.
Fäule in diesem Jahre nirgendwo eine Spur zu finden iſt, ohne daß
der Saamen gewechselt wurde. Diese Umstände gleichen wieder ei-
niger Maßen die zi.mlich hohen Preiſe des Getreides bei uns aus,
sonſt würde die Noth bei unserer zahlreichen ?rmuth wieder über
hand genommen haben, obschon zum großen Glücke die Arbeit bei
der Hauptbeſchäftigung des Gebirges, beim Spinnen und Weben,
nicht, wie in früheren Jahren, zeitweise wiever ins Stocken gerathen
iſt, was wir ſicher den erneuerten Nachfragen nach echter Handge-
ſpinſt-Leinwand zu verdanken haben, bei der ſich auch die Käufer
am Beſten stehen.

ur. s Rheinpreußen , 8. Okt. Mit Recht trifft der herbe
Vorwurf die schlechte Preſſe-, daß sie gleich die Flügel hängen laſſe.
Sie ſcheint es für unanſtändig zu halten, den Leser mit fortwährender
Rüge eines Uebelſtandes zu behelligen. Eine sehr schöne Bescheiden-
heitz nur ſ<limm, se äiſt oft am unrechten ! Orte.
Wenn die r-gute Preſſe- unermüdlich das Verderbliche lobet, ſo liegt
es zu Tage, daß der Tadel noch viel zu schwach und leicht in die
Wage fiel. Das gilt überall, wo es sich um die heiligen und billi-
gen Rechte des Volkes handelt. ..

Diese Ansicht gewinnt um so mehr Geltung, wenn wir aaf Das
schauen, was den preuß. Städten zur Begünſtigung eines freien Ge-
meindelebens durch tie Order vom 19. Nov. 1808, beinaße vor 40
Jahren, und was uns in dieſer Hinſicht jüngſt noch durch di- (Ges
meindeordnung“ und die darauf bezügliche Kritik der Tagesblätter ge-
boten wurde. Wer. loben muß, der lobe, aber Wer tadeln will und

“im Rechte iſt, der tadle auch, bis es beſſer geworden ift.

: | : Köln, im Oktober. Während der erſte Richter, rie es
früher mitgetheilt wurde, den Lehrer Gladbach wegen Anwendung des
Wörtchens „nâiv-e ~ einfach für überführt erklärte, den Fri-densrich;

ter F. „beleidigt- zu haben, behauptet der zweite Richter, es ergebe. .

ſich daraus die „hämische und boshafte Absicht- beleidigen zu wollen,


 
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